Benchmarking der mobilen Apps der Westschweizer Skigebiete

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Nachdem wir den Einsatz von Facebook und Twitter in den Walliser Destinationen verglichen haben (Benchmarking der Nutzung von Facebook und Twitter), vergleichen wir in diesem Artikel die mobilen Apps der wichtigsten Wintersportorte in der Westschweiz im Zeitraum 2012-2013. Das Ziel der Analyse ist es, den im Tourismus Beschäftigten Möglichkeiten aufzuzeigen wie sie die mobilen Apps einsetzen können, um eine bessere Kundentreue und –bindung zu erzielen.

Im Rahmen dieser Studie wurden 52 Destinationen untersucht. Diese liegen hauptsächlich in der Westschweiz mit Ausnahme von einigen Deutschschweizer Skigebieten. Die Vergleichsgruppe besteht aus einem ausländischen Big Player, welcher Charakteristika aufweist, die auf die untersuchten Schweizer Skigebiete übertragen werden  könnten.


Diese Studie wurde vom Institut Entrepreneurship & Management der HES-SO Wallis im Rahmen der Konferenz ScieConf 2013 (online verfügbar) präsentiert. In der Vollversion wird auch die Methodologie des environmental scannings, welche angewendet wurde näher erklärt, auf welche im vorliegenden Beitrag nicht näher eingegangen wird.


Die mobilen Apps, welche in dieser Studie verglichen werden, wurden mit Hilfe der Plattformen Apple Store für die iPhone Apps und Google Play Store für die Android Apps identifiziert. Die Daten wurden in den Zeiträumen 27. Januar bis 10. Februar 2012 und  25. März bis 8. Mai 2013 gesammelt. Sie wurden ergänzt durch verschiedene Interviews mit den Leistungsträgern, welche die Apps lanciert haben, sowie durch weitere Dokumentenrecherchen.


Um das lokale Angebot zu evaluieren, haben die Autoren ein Analyseraster zusammengestellt, welches auf den Optionen basiert, die die Vergleichsgruppe anbietet ergänzt durch die fehlenden Funktionen aus dem Gesamtangebot der untersuchten Apps. Insgesamt wurden im Rahmen der ersten Datenerhebung 23 Funktionen identifiziert, die als Basis für diese Kategorisierung dienten.

Regional Lage

In der Schweiz wurden im Jahr 2011 50% der Skifahrertage von Schweizerinnen und Schweizer generiert. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass die übrigen 50% aus dem Ausland stammen und somit mit einem ausländischen Telefonabonnement auf die mobilen Apps der Destinationen zugreifen. Die dabei entstehenden Kosten könnten ein Grund sein, die von den Destinationen angebotenen Apps nicht zu konsultieren. Allerdings gibt es noch andere Möglichkeiten, auf diese zuzugreifen, so beispielsweise über Bluetooth, über RFID Chips oder NFC. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Vergleichsgruppe die RFID Technologie verwendet.  
50 der insgesamt 52 untersuchten Skiorte befinden sich in französischsprachigen Gebieten der Westschweiz, zwei davon  im deutschsprachigen Wallis. Insgesamt befinden sich die Destinationen grösstenteils im Wallis, aber auch in den Kantonen Waadt, Genf, Neuenburg und Freiburg.


Im Rahmen der ersten Datenerhebung im Jahr 2012 wurde herausgefunden, dass von den 52 untersuchten lokalen Destinationen nur 20 mobile Apps für die Systeme iPhone oder Android anbieten. Für die 50 französischsprachigen Gebiete wurden 19 Apps gezählt, davon wurden 15 Apps, welche von insgesamt 12 verschiedenen Destinationen stammen, für iPhones konzipiert. Wir wählten für alle 52 Destinationen die Gratis Apps für iPhones aus, um deren Funktionen zu untersuchen. Insgesamt wurden die folgenden 17 Apps berücksichtigt: Torgon CH, Champéry, AnniviersSki, Crans-Montana, Crans-Montana Tourisme, MyCMA, Portes du Soleil, Maya-Mont-Noble, Verbier, Verbier Mobile, Verbinet, Veysonnaz, Les Diablerets, Vallée de Joux, Villars-Gryon, Zermatt Matterhorn, Zermatt Mobile.


Was den Zeitraum 2012-2013 betrifft, gab es Veränderungen bzgl. der Panelstruktur, da 4 Apps verschwunden und 4 neu hinzugekommen sind. Bestimmte Apps wurden erneuert (Les Diablerets – MyCity,Sierre Anniviers), andere wurden neu eingeführt (Leukerbad). Nendaz 4 Vallées wurde 2012 berücksichtigt, 2013 war die App nicht mehr zugänglich. Insgesamt wurden 17 Apps getestet.

Vergleichsgruppe

Vail Resorts wurde 1997 gegründet und ist eine amerikanische Gruppe, welche 6 Wintersportorte besitzt und bewirtschaftet, welche sich in Colorado (Vail, Beaver Creek, Breckenridge, Keystone) und in der Region des Lake Tahoe in Kalifornien/Nevada (Heavenly, Northstar) befinden.
Die Gruppe konnte 2011 einen Umsatz von 1.167 Milliarden Dollar verzeichnen. Die Wintersportorte machen 65% des Umsatzes der Gruppe, die Vermietung von Wohnungen 18% und das Baugeschäft 17% aus. In den Wintersportorten gehören Vail Resorts die Bergbahnen, die Luxusunterkünfte, die Skischulen und die Restaurants. Die Gruppe bietet auch Dienstleistungen im Bereich Verkauf und Vermietung von Skiausrüstungen an.


Während der Saison 2010-2011 besuchten 61 Millionen Skifahrer aus den USA und 80 Millionen aus Nordamerika die amerikanischen Wintersportorte. 11.5% der Gäste aus den USA und 9.0% der Gäste aus Nordamerika besuchten die Wintersportorte der Gruppe Vail Resorts. 
Seit der Saison 2008-2009 verwendet die Gruppe die RF (RFID) Technologie, um den Zugang zu den Bergbahnen zu ermöglichen. Diese Technologie ermöglicht eine Zugangskontrolle, ohne dass die Skifahrer ihr Abonnement vorweisen müssen. 
Die mobile App EpicMix, welche auf der RFID Technologie basiert, um die Aktivitäten der Benutzer aufzuzeichnen (zurückgelegte Höhenunterschiede, befahrene Pisten) wurde in den 6 Stationen der Gruppe während der Saison 2010-2011 eingeführt. Die verschiedenen Versionen der App wurden schrittweise im Dezember  2011 (Version 2.1 für den Apple Store) und im Januar 2012 (Version 2.1.1 für den Android Market) eingeführt.


Diese App ermöglicht den Nutzern, ihre Erfahrungen mit ihren Freunden und ihren Familienmitgliedern auszutauschen, indem Daten oder Fotos innerhalb der sozialen Netzwerke verschickt werden. Je nach Aktivität des Nutzers in der Destination können ausserdem Badges und Punkte gesammelt werden. 
Seit Mai 2013 hat Vail Resorts sein Pauschalangebot für Skifahrer in Europa im Rahmen von Partnerschaften mit Arlberg in Österreich und Verbier in der Schweiz ausgeweitet. Der EpicPass ermöglicht den Zugang zu allen Destinationen der Gruppe und zu einer Destination unseres lokalen Panels. Über die Nutzung der App EpicMix in diesen europäischen Destinationen haben wir keine Informationen. Auf jeden Fall hängt die Nutzung dieser App vom Vorhandensein von entsprechenden  RFID Installationen auf den Pisten ab.

Resultate des Benchmarking der mobilen Apps

Die Resultate der Analyse der Funktionen wurden den folgenden Funktionen-Kategorien zugeteilt: Lokal (1), Persönlich (2), Sozial (3) und Spiel (4). Die Resultate für jede Kategorie werden nacheinander für jede Untersuchungsperiode – zuerst 2012, dann 2013 – präsentiert.

Funktionen-Kategorie «Lokal»

Die Funktionen der Kategorie „Lokal“ liefern Informationen über das allgemeine Umfeld des Nutzers und der Destination: die Anzahl der Anlagen und ihr Zustand, die Pistenkarte und der Zustand der Pisten, der Standort der Dienstleistungen (Restaurants, Vermietung, etc.), Informationen zum Wetter usw.

Diese Kategorie setzt sich aus den am häufigsten in den mobilen Apps der lokalen Destinationen vorkommenden Funktionen, welche 2012 analysiert wurden, d.h. 76 der 99 insgesamt identifizierten Funktionen, zusammen. 2013 haben wir 3 neue Funktionen identifiziert, welche dieser Gruppe angeschlossen wurden (augmented reality, kommerzielle Fotos und Videos). Diese Kategorie bleibt nach wie vor am präsentesten im Angebot der Funktionen der lokalen mobilen Apps.

Die unten stehende Grafik zeigt die Entwicklung des Angebots der „lokalen“ Funktionen bei den Apps der Destinationen der Westschweiz, welche für den Zeitraum 2012-2013 gesammelt wurden in Prozent der gesamten Apps.

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Abbildung 1: Entwicklung von 2012-2013 des Angebots der Funktion „Lokal“

Die folgende Tabelle zeigt die detaillierten Resultate des Evaluationsrasters der Kategorie «Lokal»:

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Anmerkung: Die 2013 neu identifizierten Funktionen sind in der Tabelle grau markiert

Funktionen-Kategorie «Persönlich»

Die Funktionen der Kategorie „Persönlich“ liefern Informationen zum Standort und den Aktivitäten des Nutzers: zurückgelegte Distanz, Geschwindigkeit, Distanz der Anlagen, Dienstleistungen für Fotos, welche der Nutzer auf der Piste schiesst usw. 

Diese Kategorie umfasst 18 von insgesamt 99 Funktionen, welche bei den lokalen Apps 2012 identifiziert worden sind.
Aus unserer Längsstudie geht hervor, dass das Angebot der Funktionen der Kategorie „Persönlich“ stark zurückgegangen ist und nur noch 14 von 133 Funktionen ausmacht. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung des Angebots der Funktionen-Kategorie „Persönlich“ bei den Apps  der ausgewählten Destinationen der Westschweiz für den Zeitraum 2012-2013 in Prozent der gesamten Apps. 
 

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Abbildung 2: Entwicklung 2012-2013 des Angebots der Funktion “Persönlich“

Die folgende Tabelle zeigt die detaillierten Resultate des Evaluationsrasters der Kategorie «Persönlich».

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Funktionen-Kategorie «Sozial»

Die Funktionen der Kategorie „Sozial“ ermöglichen dem Nutzer interaktiv zu sein. Dabei handelt es sich insbesondere um Funktionen, welche mit den sozialen Netzwerken verbunden sind und dem Nutzer helfen, herauszufinden, ob Freunde von ihm auf der Piste sind oder aber dazu dienen, Informationen online zu teilen.

Diese Kategorie umfasst 5 von insgesamt 99 Funktionen, welche bei den lokalen Apps 2012 identifiziert worden sind. 
Aus unserer Längsstudie geht hervor, dass das Angebot der Funktionen-Kategorie „Sozial“ aufgrund der strukturellen Veränderung des Panels abgenommen hat. Diese Abnahme der Gesamtanzahl der Funktion, welche es dem Nutzer ermöglicht Fotos auf Facebook zu teilen, hängt damit zusammen, dass diese Funktion in Apps integriert wurden, welche mehrere Skigebiete zusammen entwickelt haben.   

Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung des Angebots der Funktion „Sozial“ bei den Apps der ausgewählten Destinationen der Westschweiz für den Zeitraum 2012-2013 in Prozent der gesamten Apps. 

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Abbildung 3: Entwicklung 2012-2013 des Angebots der Funktion „Sozial“

Die folgende Tabelle zeigt die detaillierten Resultate des Evaluationsrasters der Kategorie «Sozial».

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Funktionen-Kategorie «Spiel»

Die Kategorie «Spiel» umfasst die Funktionen der gamification. Für diese Kategorie wurde keine App in der Gruppe der lokalen Destinationen während der Untersuchungen 2012 und 2013 gefunden. 

Resultate des Benchmarkings und Auswirkungen der Längsanalyse

Die Resultate werden zusammenfassend in Form eines Vergleichs der Anzahl der Funktionen in der Gruppe der lokalen Apps und der Anzahl Funktionen, welche die Vergleichsgruppe anbietet, präsentiert.

Die Grafik weiter unten gibt einen Überblick über das Angebot an Funktionen der Westschweizer Apps (blaue Linie) und der Funktionen, welche von der Vergleichsgruppe angeboten werden (Funktionen in Grau). Diese Darstellungsart eignet sich sehr gut dafür, die Unterschiede zwischen den mobilen Apps der verschiedenen 2012 (gestrichelte Kurve) und 2013 (durchgehende Kurve) untersuchten Gruppen, darzustellen. Die Funktionen vor weissem Hintergrund kommen nur in lokalen Apps vor, nicht aber in der Vergleichsgruppe. Mit Ausnahme der Funktionen „Lokal“, welche sehr häufig in den Apps der Westschweiz vorkommen, bleiben zahlreiche Funktionen unterrepräsentiert.
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Abbildung 4: Vergleich des Angebots an Funktionen in der Westschweiz (blaue Linie) mit dem Angebot an Funktionen in der Vergleichsgruppe (Funktionen in Grau)

Schlussfolgerungen

Diese Analyse ermöglichte es, eine innovative Technologie am Beispiel des Angebots von mobilen Apps in Tourismusdestinationen der Westschweiz zu untersuchen sowie auch die Entwicklung und Ausbreitung dieser Technologie in unserer Region im Vergleich zu einem Best practice Beispiel im Ausland über zwei Jahre hinweg. Im Allgemeinen nahm das Angebot der Funktionen der getesteten Apps um mehr als 30% zu: Während es 2012 noch 99 Funktionen waren, betrug die Anzahl 2013 bereits 133. Die Anzahl Apps, welche getestet wurden, blieb dabei stabil.


Diese Schlussfolgerungen gilt es jedoch zu relativieren, da – so die Autoren – die analysierte Informationsmenge auf die mobilen Gratis-Apps beschränkt wurde. Was die Qualität der Informationen betrifft, beschränken sich diese auf öffentlich zugängliche Daten. Für die Datensammlung wurde ein iPad Apple mit dem Betriebssystem iOS4.3.3 (OJ3) verwendet. Die Resultate müssen ausserdem mit Vorsicht betrachtet werden, da sich der untersuchte Markt sehr schnell verändert und somit die Schlussfolgerungen rasch nicht mehr aktuell sind. Die Studie zeigt jedoch, dass diese Technologie die Kundenbindung durch „Gamification“, d.h. durch spielerische Elemente wie sie die Apps bieten verstärken kann.