Studie - Das Milliardenloch im Schweizer Tourismus als Folge der Covid-19 Krise wird grösser
Krise Coronavirus ManagementZiel der Befragung war eine Evaluation des Impakts der Coronavirus-Krise auf die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen der Unternehmungen, sowie eine Einschätzung des Konkursrisikos. Es wurde auch gefragt, welche Massnahmen die Unternehmer getroffen haben, um Liquiditätsengpässe zu bekämpfen und Kosten zu senken. Der vorliegende Bericht basiert auf den Antworten von 3518 Betrieben.
Auslastungs- und Stornierungsraten in Hotellerie
Für Mai und Juni 2020 wurden im Schnitt bei den befragten Hotels 75% der Reservationen storniert, dies nachdem bei unserer letzten Umfrage (März 2020) die Stornierungen für März und April bei 81% lagen. Es fällt auf, dass die Stornierungsraten vor allem in Genf (88%), Zürich (85%) und in Luzern (84%) überdurchschnittlich hoch sind, während in den Bergregionen diese Raten (Graubünden 61%, Wallis 68%) etwas tiefer (dennoch auch auf hohem Niveau) sind.
Diese sehr hohen Anteile an Annullierungen führen konsequenterweise zu einem historischen Tiefstand bei den Auslastungen in der Hotellerie zwischen März und Juni. Im April wird schweizweit gerade noch mit einer Belegung von 8% gerechnet. Im Mai wird die Auslastung voraussichtlich nur geringfügig höher sein (9%). Leicht besser sieht es für Juni aus mit einer immer noch schwachen Auslastung von 23%.
Die Aussichten für den Sommer im Beherbergungssektor sehen momentan noch verhalten aus, was wahrscheinlich mit den Reisebeschränkungen generell und den Unsicherheiten bezüglich der Öffnung der Tourismusbetriebe in der Schweiz zusammenhängt (die Umfrage wurde vor der Veröffentlichung der Lockerungsstrategie des Bundesrates am 29.04.20 durchgeführt). Die Hoteliers haben aktuell einen Buchungsstand für Juli-August (gemessen an verfügbaren Zimmern) von 24%, während es in der Parahotellerie mit einem Buchungsstand von 41% schon positiver aussieht.
Umsatzeinbussen
Die voraussichtlichen monatlichen Umsatzeinbussen bei den Schweizer Hotels für die Monate März, April, Mai und Juni sind mit respektive 62%, 91%, 84% und 73% massiv. In der Gastronomie rechnet man mit ähnlichen Zahlen (März 62%, April 95%, Mai 92%, Juni 71%).
Die Einbussen treffen die Westschweiz, das Tessin und die Städte, welche unter dem völligen Einbruch des Geschäfts- und Kongresstourismus leiden, noch stärker als andere Regionen. Strukturelle Faktoren wie die Grösse der Betriebe scheinen wenig Einfluss zu haben.
Als Konsequenz sind fast 60% der befragten Betriebe aktuell wegen der Coronavirus-Krise geschlossen und 22% teilweise geschlossen resp. mit reduziertem Personal.
Umsatzverluste im Tourismus
Im Durchschnitt verliert jedes Hotel in unserer Stichprobe für März bis Juni zwischen 240‘000 und 280‘000 Franken pro Monat, d.h. rund eine Million Franken in den 4 Monaten. Eine Hochrechnung für die Hotellerie auf nationaler Ebene ergibt mit einem Bottom-Up Ansatz (basierend auf Mittelwerten der Betriebe) die folgenden Umsatzeinbussen für März bis Juni: 1.7 bis 2.7 Milliarden Franken (je nach Methode). Eine Top-Down Hochrechnung ausgehend vom geschätzten jährlichen Gesamtumsatz der Hotel-Branche von 10.2 Milliarden kommt auf einen Umsatzverlust von 2.5 Milliarden Franken.
Für die Gastronomie muss man voraussichtlich von einem Umsatzverlust von mindestens 4.5 Milliarden Franken im Jahr 2020 ausgehen (touristischer und nicht-touristischer Konsum).
Die Seilbahnbranche generierte in der Periode 2017/18 respektive 2018 einen Gesamtumsatz von 1.39 Milliarden Schweizer Franken. Gemäss unseren Berechnungen liegen die Verluste auf Branchenebene bei rund 330 Millionen Franken.
Gemäss dem Satellitenkonto Tourismus des BFS (2018) war die touristische Nachfrage über alle Sektoren (Hotellerie, Restauration, Passagierverkehr, Reisebüros, Kultur, Sport etc.) im Jahr 2018 bei 47.2 Milliarden Franken und bei 36.5 Milliarden nur für die tourismusspezifischen Produkte. Auf die ganze Tourismus Branche hochgerechnet, muss man von Umsatzverlusten in der Höhe von 8.7 Milliarden Franken ausgehen. Indirekte Verluste nicht-tourismusspezifischer Produkte für die Wirtschaft sind dabei noch nicht eingerechnet.
Konkursrisiko
Die Wahrscheinlichkeit eines Konkurses wird im Schnitt auf 22.5% geschätzt, wobei es hier grosse Unterschiede in einzelnen Segmenten gibt. Das Risiko wird in Genf 35%, Waadt 32%, Tessin 28% am höchsten eingeschätzt. In den klassischen Ferienregionen wird das Risiko momentan noch kleiner eingestuft (Graubünden 15%, Zentralschweiz 20%).
Es sind vor allem Betriebe aus der Gastronomie (28%) und der Hotellerie (24%), welche des Konkursrisiko deutlich höher einschätzen als Betriebe anderer Sektoren (Parahotellerie 12%, Bergbahnen 13%). 12% der Betriebe im Gastgewerbe (Hotellerie und Gastronomie) haben eine Konkurswahrscheinlichkeit von 60% und mehr.
Details zur Studie
Die Resultate der Umfrage sind auf einem interaktiven Dashboard zugänglich: https://coronavirus.tourobs.ch/Survey/HSRecapApril