Der Zusammenbruch des Traffics auf touristischen Websites im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise
Management Krise CoronavirusEine Analyse von Online-Buchungsplattformen (OTA) und Tourismusorganisationen
In nur 20 Jahren haben die Online-Reisebüros (OTAs) eine dominante Stellung erlangt: Sie sind die großen Gewinner der Globalisierung und Digitalisierung des Tourismus. Das Management dieser Global Players hat schnell den Vorteil erkannt, frei von territorialen Zwängen agieren zu können. Sie profitieren von Größenvorteilen und bieten innovative Lösungen, die an die Erwartungen einer globalen Kundschaft angepasst sind. PhoCusWright schätzte 2019, dass allein die Gruppen Expedia und Booking Holding im Jahr 2018 für Online Werbung (z.B. Google Ads) im Wert von rund 10,6 Mrd. $ verantwortlich waren, was etwa 5% der weltweiten Einnahmen von Google entsprach. In der Schweiz ist der Marktanteil der OTAs in weniger als 20 Jahren von 2% auf fast 30% gestiegen und der Umsatz über diese Plattformen wird auf mehr als eine Milliarde Schweizer Franken geschätzt. Booking.com mit Expedia und HRS halten 94% des Marktes. Schweizer Hotels bezahlten 2018 den Online- Buchungsportalen insgesamt rund 170 Millionen Franken an Kommissionen.
Doch in nur wenigen Wochen hat die globale Coronavirus-Krise den Alltag der Online-Reiseindustrie durcheinandergebracht. Zur Erinnerung: Die Online-Reisebranche hatte in der Vergangenheit bereits zwei Krisen erlebt, den Zusammenbruch der Technologieblase Anfang der 2000er Jahre und die globale Finanzkrise im Jahr 2008. Allerdings war die Branche noch nie zuvor mit einer globalen Pandemie konfrontiert worden. Die nachstehende Grafik veranschaulicht das Ausmaß des Zusammenbruchs des Traffics auf den Websites der OTAs.
Zwischen Januar 2020 und März 2020 verloren die Websites von Booking Holding, TripAdvisor, Airbnb und Expedia zwischen 40% und 50% ihres Traffics. Booking.com, die meistbesuchte Website mit maximal 500 Millionen Besuchern im Januar 2020, muss einen Rückgang des Traffics um 53% innerhalb von zwei Monaten hinnehmen.
Der Rückgang der Aktivitäten auf den Websites der OTAs geht Hand in Hand mit einem Einbruch der Umsätze. In einem Anfang April 2020 veröffentlichten Börsenbericht über ihre Aktivitäten kündigte Booking Holdings einen Rückgang der Buchungen um 85% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an. Es wird erwartet, dass sich dieser Abwärtstrend aufgrund anhaltender Stornierungen so lange fortsetzen wird, wie diese Krise andauert. Dieser Schock trifft die Booking Holding nach einem erfolgreichen Jahr 2019. Mehr als 845 Millionen Übernachtungen wurden im Jahr 2019 auf booking.com gebucht, was einem Anstieg von 11% im Vergleich zu 2018 entspricht. Das EBITDA stieg um 2% auf 5,9 Milliarden Dollar für das Gesamtjahr 2019, wobei die Buchungsumsätze um 4% auf 96,4 Milliarden Dollar zunahmen. Eine Analyse von Skift kommt zu dem Schluss, dass die sieben größten Online-Reisebüros (OTAs) aufgrund der Covid-19-Krise in diesem Jahr bis zu 20 Milliarden Dollar an Einnahmen verlieren könnten.
Die Analyse des Website Traffics der Nationalen Tourismusorganisationen (NTOs) kann uns Aufschluss über die Auswirkungen der Krise in verschiedenen Teilen der Welt geben. Schweiz Tourismus (ST) ist verantwortlich für die Förderung des Reise- und Tourismusstandortes Schweiz. ST ist deshalb eine wichtige Marketing- und Supportplattform für die gesamte Schweizer Tourismusbranche. Sie kann von touristischen Dienstleistern, Tourismusorganisationen, Kantonen, Gemeinden, Destinationen und anderen interessierten Kreisen genutzt werden. ST ist ein international anerkannter Führer bei der Nutzung digitaler Marketinginstrumente4.
Diese Bedeutung wird in der folgenden Grafik veranschaulicht, in welcher der Website-Traffic von 11 NTOs auf der Grundlage der von SimilarWeb bereitgestellten Daten verglichen wird. Im Dezember 2019 gehörte ST mit einem monatlichen Traffic von 3 Millionen Besuchern zu den führenden NTOs, knapp hinter Südkorea, aber weit über den Werten von europäischen Konkurrenten.
Die Analyse des Traffics der NTOs zeigt einen sehr starken Rückgang des Traffics auf den Websites der meisten NTOs (im Durchschnitt -42%), insbesondere für die Schweiz (-70%) und Südkorea (-77%). Signifikante negative Auswirkungen sind auch für Deutschland (-64%) und Österreich (-60%) zu beobachten.
Was den Verkehr auf den Websites alpiner Tourismusdestinationen betrifft, so zeigt unsere Analyse noch keine klaren Trends. Die 19 analysierten schweizerischen, französischen und österreichischen DMOs verloren zwischen Dezember 2019 (Hochsaison) und März 2020 durchschnittlich 27% ihres Traffics. Die "natürliche» Saisonalität würde wahrscheinlich ausreichen, um einen grossen Teil des Rückgang zu erklären. Nach einer sehr guten Wintersaison, zumindest bis Ende Februar, ist die Abnahme des Website Traffics im März nicht sonderlich überraschend. Wir werden aber die Entwicklung auf den Websites der DMOs in den nächsten Monaten beobachten, u.a. auch um mögliche Anzeichen einer Erholung der alpinen Destinationen für die kommende Sommersaison zu erkennen.