Kundenbindung : Lyon und Val Thorens erläutern ihre Strategien

Marketing Comportement

Die 12. Ausgabe der « Rencontres nationales du etourisme #ET12 » fand in Pau (Frankreich) vom 18. bis zum 20. Oktober 2016 statt. Noch dieses Jahr werden diese Treffen Gelegenheit für annähernd 800 institutionelle und private touristische Fachleute gegeben haben, sich auszutauschen und um neue digitale Anwendungen auf den Punkt zu bringen, sowohl in Bezug auf ihre Auswirkungen beim Kaufverhalten von Reisen als auch bei der Organisation touristischer Strukturen .

Das Walliser Tourismus Observatorium nahm an verschiedenen Workshops anlässlich dieser Veranstaltung teil, unter anderem an der „Battle fidélisation“, bei der sich vier Teilnehmer der Tourismusbüros von Lyon und dem Val Thorens äusserten. Während das Format der „battles“ beabsichtigt die Standpunkte zu konfrontieren, schienen die Teilnehmer zum Thema Kundenbindung übereinzustimmen. Sie erklären Argumente, Initiativen und Resultate.

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Ist die Kundenbindung als Konzept nicht ein wenig überholt?


 

Die Zunahme der Transport-Infrastrukturen hat die Anzahl der Destinationen auf dem touristischen Markt beträchtlich erweitert. Die immer grössere Auswahl und die Kommunikationstechnologien machen unser Konsumverhalten immer opportunistischer.

Führt die Kundenbindung schliesslich nicht zu einer ein wenig überholten Reisevorstellung? Bleibt der Tourist von heute ein „Jacky Pic“ aus dem Camping Film, der sich Jahr für Jahr an denselben Ort auf demselben Campingplatz begibt? Auch wenn er karikaturartig eine andere Generation verkörpert, die Persönlichkeit von Jacky bewahrt die grundsätzlichen Werte der Kundentreue: die affektive Dimension. Heutzutage entsteht die Treue zu einer Marke/Destination nicht mehr systematisch durch deren Konsum. Bei den jüngeren Generationen manifestieren sich Bindung und Gefühl auch über die sozialen Netzwerke. Die Kundentreue ist also kein überholtes Konzept, sondern ein Vorgang, der sich in einer Evolution befindet.

Typologie und Hebel der Kundentreue

Es existieren verschiedenen Arten von Kundentreue:

  • Die „ertragene“ Kundentreue: Der Fall einer Person von der man am Häufigsten spricht, ist diejenige mit einer „unnatürlichen“ Bindung gegenüber einer Bank oder einem Telefonoperateur, weil es mühsam zu wechseln wäre. Im Tourismus findet man beispielsweise einen passenden Vergleich bei dem Besuch einer Familie oder bei Freunden. Bsp: Ich begebe mich jedes Jahr in die Destination X, um Weihnachten mit der Familie zu verbringen.
  • Die „Verhaltensbindung“: die man im Zusammenhang mit einer Neuigkeit, der Häufigkeit und dem Einkaufsverhalten eines Kunden sehen kann.
  • Die „affektive“ Kundentreue: es handelt sich dabei um den emotionalen Anteil, den man einer Marke gewährt, ohne dabei ein grosser Konsument sein zu müssen. Grégory Guzzo, Generaldirektor von Val Thorens, drückt das folgendermassen aus: „Ich war kürzlich in Thailand. Ich habe die dort erlebten Erfahrungen bewundert. Ich werde aber kaum wieder so schnell nach Thailand reisen, vielleicht gar nie mehr; ich werde aber immer ein glühender Botschafter dieser Destination bleiben. Auch wenn der Kunden nicht mehr zu der Destination zurückkehrt, wird er den anderen Konsumenten immer ein positives Bild vermitteln. Das kann man Kundentreue durch „Ansteckung“ nennen.“

Zwei grosse Einflussfaktoren begünstigen den Prozess der Kundentreue:

  • Die Zugänglichkeit: das kann digital, physisch (Flugverbindungen, Bahn, öffentliche Transportmittel usw.), finanziell oder auch affektiv sein (die den Besuchern genügend Gründe geben sich an den Ort zu begeben).
  • Das Branding: die Präsenz und der Geist einer starken Marke                                                

Lyon gegen Val Thorens: jedem Gebiet seine eigene Problematik der Kundenbindung

  • Lyon: Dienstleistungsqualität, Bewohner als Botschafter und Dreieck des Gebietsmarketings

Für Lyon sind die Zufriedenheit und die Qualität des Erlebnisses indiskutabel im Prozess der Kundenbindung. Im Rahmen des Vorgehens von „Lyon Destination d’Excellence“ arbeitet das Team des Tourismusbüros, unter anderem, mit TripAdvisor zusammen, um die touristischen Partner von Lyon auf die Servicequalität zu sensibilisieren. Only Lyon ist in der Kundenbindung durch die Bewohner der Stadt auch sehr proaktiv tätig, um aus ihnen Botschafter für die Destination zu machen. Das TO hat die Webplattform „Mon Week End à Lyon“ geschaffen, die sich ihnen widmet. Aktuell besteht die Herausforderung von Lyon darin, wie man aus Geschäftskunden Freizeittouristen machen kann.

Lyon strebt mit der Kundenbindung auch eine Lösung an, die es ermöglicht, durch first-time-visitors überfrequentierte Orte besser in das Gesamte einzubinden. Diese Aufteilungsstrategie der Tourismusströme leistet einen Beitrag an den nachhaltigen Tourismus, indem sie Überläufe vermeiden lässt, wie man sie in Barcelona, Berlin oder Amsterdam kennt.  Lyon bewirtschaftet diesen nachhaltigen Tourismus durch eine Gebietsmarketing Strategie nach Mass, die darauf ausgerichtet ist, ein perfektes Gleichgewicht zwischen dem Wohlbefinden der Bewohner, der Gäste und der Unternehmen herzustellen.

 

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  • Val Thorens: Qualifikationsdaten, Animation und Synergien zwischen den Partnern

Val Thorens hingegen ordnet den Qualifikationsdaten eine übergeordnete Wichtigkeit zu. Die Tourismusorganisation investiert massiv in Tools, die es ermöglichen ihre Kunden zu identifizieren (Typologie, Gewohnheiten, Anzahl Besuche in den vergangenen Jahren, Anzahl verlorener Kunden usw.) und um die Rückkehrquote zu evaluieren. Während den  letzten 5 Jahren konnte Val Thorens durch CRM Aktivitäten einen Umsatzzuwachs von 53 Millionen Euro verzeichnen. Anders ausgedrückt, sind die treuen Kunden für eine zwei bis dreimal höhere Rückkehrquote verantwortlich als normalerweise üblich ist. Die genauen Kenntnisse dieses Geschäftsfeldes erlauben es Marketingaktionen zu optimieren, in dem man sich auf die gute Kundschaft fokussiert. Diese Zahlen ermöglichen in der Folge ein präzises Porträt des Konsumverhaltens der Besucher im Bereich der Dienstleister der Destination zu erstellen.

Val Thorens setzt den Akzent stark auf den regen Betrieb, vor allem über die sozialen Netzwerke. Für  Thibault Paulin, dem Verantwortlichen für das Beziehungsmarketing, befindet sich ein abwechslungsreicher Betrieb im Herzen des Kundenbindungsprozesses. Man muss fähig sein, die Besucher mit diversifizierten Zielsetzungen zu überraschen und zu interessieren, um sie für die unterschiedlichsten Erlebnisse in der Station zu begeistern.

Die Kommunikationsstrategie von Val Thorens baut auf der Transparenz auf, selbst wenn es um schwierige Situationen geht. „Man kann feststellen, dass die Rückkehrquote bei einem Kunden, der mit einem Problem konfrontiert wurde, für das man eine Lösung gefunden hat, grösser ist als wenn der Aufenthalt problemlos war,“ bestätigt G. Guzzo. Diese Haltung trägt dazu bei den „Parcours“ des Kunden zu verbessern und um sein Vertrauen zu gewinnen. Denn hinter dem Digitalen stecken auch immer menschliche Werte.

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Kundenbindung, die Wunderlösung?

Wir haben verstanden, dass entgegen der Wunder die vom Himmel fallen sollen, die Kundenbindung ein Prozess ist, der Ausdauer benötigt, der nach Investitionen verlangt und voraussetzt, dass man sich bei der Kundschaft und anderen Teilnehmern des Gebietes einbringt.

Gemäss der Umfrage „Bei unserem Gästen nachgefragt“, die durch das Walliser Tourismus Observatorium im Winter 2013 und im Sommer 2014 durchgeführt wurde, begaben sich 40 % der Antwortenden mehrmals während eines Jahres in den Kanton, während 33 % ihn fast jedes Jahr besuchen.  Fast 10 % gaben an das Wallis alle 3 bis 4 Jahre zu besuchen. Diese Proportionen zeigen, dass auch das Walis auf treue Kunden zählen kann.

 

Quellen:

12ème édition des Rencontres nationales du etourisme #ET12, Pau (France), du 18 au 20 octobre 2016. Visionner le replay « Battle : Fidélisation Lyon vs Val Thorens, ça va fighter »