Macht der Online-Buchungsportale (OTA) in Europa und der Schweiz nimmt weiter zu
DistributionDie Abhängigkeit der europäischen Hotellerie von einigen dominanten Online-Buchungsplattformen (Online Travel Agencies, OTA) nimmt weiter zu. Drei Buchungsportale dominieren den europäischen OTA-Markt mit einem gemeinsamen Marktanteil von 92 Prozent. Der dominante Player ist die Priceline Group (Booking.com) mit einem Marktanteil von über 60 Prozent. Im Laufe der letzten Monate konnten die an der Befragung teilnehmenden Hoteliers keine Anzeichen für eine Belebung des Wettbewerbs zwischen den Online-Buchungsplattformen, die sich z.B. in einer Senkung der Kommissionen zeigen könnte, feststellen. Die überwiegende Mehrheit der Hotels (91,5 Prozent) berichtet, keinerlei Kommissionsnachlass seitens der OTA erhalten zu haben.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine europaweite Befragung von über 2.000 Hoteliers, die von HOTREC, dem europäischen Dachverband der Hotels, Restaurants und Cafés, gemeinsam mit seinen europäischen Partnerverbänden und hotelleriesuisse in Zusammenarbeit mit dem Institut für Tourismus der HES-SO Valais-Wallis zu Beginn des Jahres 2016 durchgeführt wurde. Demnach wurden im Jahr 2015 in Europa durchschnittlich mehr als 22 Prozent aller Hotelübernachtungen über OTA generiert (+ 3 Prozentpunkte im Vergleich zu 2013). Parallel zum Wachstum der Buchungsportale sank der Anteil der direkten Buchungen (online und offline) beim Hotel um insgesamt 4 Prozentpunkte.
Die größten Einbussen bei den direkten Vertriebskanälen verzeichnete das Telefon. Der Anteil an telefonisch gebuchten Übernachtungen fiel im europäischen Durchschnitt von 21,1 Prozent im Jahr 2013 auf 18,7 Prozent im Jahr 2015 (- 2,5 Prozentpunkte). Der Anteil der Übernachtungen, die direkt über die hoteleigene Website (in Echtzeit) gebucht wurden, verringerte sich zwischen 2013 und 2015 minimal von 6,9 Prozent auf 6,8 Prozent. Einen leichten Anstieg verzeichneten die ketten- und kooperationseigenen Computer Reservierungs-Systeme (CRS), deren Anteil europaweit von 1,4 Prozent im Jahr 2013 auf 2,6 Prozent im Jahr 2015 stieg.
Die Steigerung im Bereich der Online-Buchungsportale beruht mehr oder weniger auf dem Wachstum von Booking.com und den Portalen der Expedia-Gruppe (zusammen generieren sie fast 80 Prozent aller OTA-Buchungen in Europa), während die HRS-Gruppe als drittgrößter Marktteilnehmer in den letzten zwei Jahren Marktanteile in Europa verloren hat. Auf einem Markt mit rund 200.000 Hotels (75 Prozent von ihnen Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten) auf der einen Seite und zwei dominanten Playern auf der anderen Seite, erübrigt sich die Frage, wer das Steuer in der Hand hat.
„Die Studie zeigt deutlich, dass Online-Buchungsplattformen einen kontinuierlich größer werdenden Anteil von Hotelbuchungen an sich ziehen, während die eigenen Vertriebskanäle der Hotels rückläufige Werte verbuchen. So nimmt die Abhängigkeit von den OTA weiter zu. Besonders kritisch ist, dass der OTA-Markt in Europa starke Tendenzen zu einem Duopol (oder sogar zu einem Monopol) aufweist, in dem mit Booking.com ein einzelner Player fast 2/3 des Marktes kontrolliert“, sagte Christian de Barrin, CEO von HOTREC.
Auch die sog. „engen Paritätsklauseln“, die im Sommer 2015 von Expedia und Booking.com europaweit auf konzertiertem Druck mehrerer nationaler Wettbewerbsbehörden eingeführt worden sind, haben zu keiner Belebung des Wettbewerbs zwischen den Portalen geführt. Die Mehrheit der Hoteliers in Europa (91,5 Prozent) gab in der Befragung an, keine Vergünstigung der OTA-Kommission seit Einführung der sog. engen Paritätsklauseln erhalten zu haben. Vor allem kleine und individual betriebene Hotels konnten keine Reduzierung ihrer Standardkommissionssätze erreichen. Dieses Ergebnis zeigt deutlich, dass auch die engen Paritätsklauseln nicht, wie versprochen, zu einem stärkeren Wettbewerb zwischen den Buchungsportalen und somit zu einem funktionierenden und fairen Markt geführt haben.
„Es ist von entscheidender Bedeutung, dass trotz der enormen Ungleichgewichte zwischen den verschiedenen Akteuren die Marktbedingungen wieder fairer und ausgeglichener werden. Jeder einzelne Hotelier muss die Freiheit haben, die Preise und Bedingungen für seine eigenen Produkte frei bestimmen zu können und die Möglichkeit haben, jeden von ihm gewünschten Vertriebskanal zu bedienen“, betonte Markus Luthe, Vorsitzender der HOTREC Distribution Task-Force und Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA).
Eine Infografik mit weiteren Ergebnissen auf europäischer Ebene finden Sie hier...
Die Studienresultate für die Schweiz mit der Entwicklung der Vertriebskanäle in der Hotellerie seit 2002 stehen unten zum Download zur Verfügung (in Englisch).
Das Walliser Tourismus Observatorium hatte übrigens schon 2015 die Vertriebstrends in der Hotellerie diskutiert und dabei auch Empfehlungen für die Akteure gegeben, welche immer noch gültig sind: Vertriebstrends in der Schweizer und Walliser Hotellerie. Online-Bookings weiterhin auf Vormarsch