Urbane Kunst erobert die Berge

StationDeSki Culture Valais Suisse Art

Das Vision Art Festival von Crans-Montana

Tourobs traf die Initiatoren und Organisatoren des Vision Art Festivals, eines urbanen Kunstfestivals, dem man in den Gemeinden des Walliser Ferienorts Crans-Montana begegnet. Der Festivaldirektor Gregory Page und der Künstler Jam Rezgui beantworteten unsere Fragen. Marketingdirektor der Destination Samuel Bonvin erklärte, wie schnell dieses Festival zu einem erstaunlichen Kommunikationsinstrument für die Destination Crans-Montana wurde.

Das Vision Art Festival wurde 2015 auf Initiative von Künstlern ins Leben gerufen, die sich für urbane Kunst begeistern. Seitdem werden die Wände von Hotels, Privathäusern und die zur Verfügung gestellte Betoninfrastruktur der Skilifte mit Graffiti versehen. Bis heute haben die Graffitikünstler in einem Höhenunterschied zwischen 1.500 Metern und 3.000 Metern über dem Meeresspiegel 70 Werke mit Graffitikunst geschaffen. Die extremen klimatischen Bedingungen des Hochgebirges stellen nicht nur während der Entstehung, sondern auch bei der Erhaltung der Graffitibilder eine grosse Herausforderung dar.

 

Vision Art Festival, skigebiet von Crans-Montana

 

Die einheimische Bevölkerung aufmerksam machen

„Das Interesse zu wecken und die Gunst der Bevölkerung von Crans-Montana zu gewinnen, war unsere erste Herausforderung“, bestätigen die Organisatoren. Zuerst gab es polemische Kontroversen, doch in der Folge wurde das Festival akzeptiert. Heute ist es einfacher geworden, Unterstützung in der Bevölkerung zu finden. „Es gibt Wände, die empfindlicher sind als andere“, erklärt der Künstler Jam Rezgui. So sind „die sichtbarsten Wände, d. h. die an den Ein- und Ausgängen der Destination vorhandenen, nicht allzu bunt gestaltet.“  Die Wände mit farbenfroheren Graffitis befinden sich in Seitenstrassen, also in ruhigeren Gebieten.

Graffiti-Künstler passen sich auch den Farben der urbanen Umgebung an, so dass sich Bilder in die Landschaft einfügen. So gibt es einige Themen, welche die Bewohner direkt emotional ansprechen: Die Wand eines Wohnhauses veranschaulicht zum Beispiel eine Szene, in der die Gäste das traditionelle Schweizer Fondue geniessen. Das Werk wurde von einem marokkanischen Künstler geschaffen! Ein weiteres Graffiti zeigt den Filmschauspieler Roger Moore, besser bekannt als James Bond. Er war wohl, bis zu seinem Tod 2017, der berühmteste zeitgenössische Bewohner von Crans-Montana.

Issam

© Jasm.1 2018 Hôtel Le Green

 

Minimaler ökologischer Fussabdruck

Das Festival entspricht dem Zeitgeist und ist auf gute Zwecke sensibilisiert, wie z. B. auf den Kampf gegen die globale Erderwärmung oder die Reduzierung der Armut in der Welt. Künstler aus aller Welt sind nach Crans-Montana eingeladen, um die Wände der Bauten der Destination zu gestalten. „Wir haben einen CO2-neutralen Fussabdruck und kompensieren unsere gesamten Emissionen in Umwelt- oder Entwicklungsprojekten im Ausland“, erklärt Gregory Page. „Wir verwenden auch die umweltverträglichsten Farben, um einen minimalen ökologischen Fussabdruck zu hinterlassen. Diese ökologische Sensibilität ist Teil der DNA des Festivals.“

 

Brokovich au Vision Art Festival 2017

 

Hohe internationale Anerkennung durch digitales Marketing

„Dieses Festival ist ein Segen für Crans-Montana“, schwärmt Samuel Bonvin. Den Ruf des noblen und veralteten Ressorts wird Crans-Montana trotz der Aufwertung des Wintersports in den 1970er Jahren nicht wirklich los. Das Festival ermöglicht es nun, dieses Klischee unter Wahrung der kulturellen Identität des Ortes zu entkräften. Tatsächlich will sich die Marke Crans-Montana mit ihren Gipfeln, urbanen Flächen und sonnigen Weinbergen am Fuss des Gebirges als Hochebene-Bergdestination positionieren.

Das Vision Art Festival von Crans-Montana vermittelt ein avantgardistisches Bild und zieht ein junges Publikum an. Dies alles kommt der Destination zugute, da es schwierig ist, ein einheitliches Image aufzubauen, das auf einer Vielfalt von Angeboten wie Skifahren, Golf, Einkaufen, Sport, Wandern etc. basiert. Die Gemeinden des „Haut-Plateau“ bilden mit ihren 11.000 Einwohnern ein urbanes Gebiet in den Bergen. Der Boom des Zweitwohnungsbaus in den 1970er Jahren hinterliess eine Anhäufung von Betonkonstruktionen, welche die urbane Kunst nun heute nutzt. Und das digitale Marketing läuft dabei auf Hochtouren: So wurde das Werk des spanischen Künstlers Okuda San Miguel bereits 9 Millionen Mal im Internet gesehen! Und es generiert auch heute noch „Views“...

Crans-Montana ist kulturell sehr präsent und unterstützt 91 Veranstaltungen pro Jahr. „Wir subventionieren die Kultur nicht“, sagt Samuel Bonvin, „aber wir unterstützen viele kulturelle Veranstaltungen und bewerten die Ergebnisse.“ Das Vision Art Festival hat keine hohe Besucherzahl, aber es ist auch nicht das Ziel des Festivals, so viele Besucher wie möglich anzuziehen. Andererseits ist das Festival ein unverzichtbares Mittel der Kommunikation. Seine Bekanntheit ist international sehr hoch und bietet die Möglichkeit, die Destination weltweit zu bewerben. Nach Ansicht der Organisatoren bekommt das Festival von den Einheimischen, d. h. den Bewohnern des Kantons Wallis, zu wenig Beachtung. Wenn sich inskünftig auch das lokale Publikum für dieses Festival interessieren würde, wäre es eine grosse Auszeichnung für die Träger dieses kulturellen und künstlerischen Projekts.

 

Titelbild: © L’Original 2017 Vision Art Festival