Die Zeit der Mutanten
NouvelleTechnologie Airbnb Musee CultureSynthese vom 19. bis zum 31. August 2015
Unternehmenskooperationen, die Erfolg versprechen
Mit gegenwärtig 26 Milliarden USD Jahresumsatz und voraussichtlich an die 100 Milliarden USD in drei Jahren übt der Markt der Share Economy oder „kollaborativen Wirtschaft“ grosse Anziehungskraft aus. Er interessiert klar nicht nur die Konsumenten sondern vermehrt auch klassische Betriebe, die sich der Zukunft nicht verschliessen wollen und begriffen haben, wo ihre Interessen liegen. Mehrere wichtige Unternehmen der Tourismusbranche haben bereits beschlossen, mit Uber oder Airbnb zusammenzuarbeiten. So bestehen Partnerschaften zwischen Uber und American Express, dem Hotel W in Seattle, den Hotelketten Hilton und Hyatt, sowie der Fluggesellschaft United. Dank einem Abkommen mit dem Geschäftsreisemanagement-Unternehmen Concur ist Uber nunmehr auch im Geschäftstourismus gut vertreten. Was Airbnb angeht, so arbeitet sogar die Tourismusdestination San Francisco mit dem Community-Marktplatz zusammen, um einen Teil der überschüssigen Unterkunftsnachfrage decken zu können, wenn in der Region Grossanlässe auf dem Programm stehen. Die Zusammenarbeit besteht übrigens auch ausserhalb dieser „Stosszeiten“ in der Hoffnung, auf diese Weise Wohnquartiere beleben zu können, die sonst nie an den positiven Erscheinungen bzw. Einnahmen aus dem Tourismus teilhaben würden. Es erweist sich also, dass Uber und Airbnb sich auf einem höchst interessanten Markt tummeln und mittlerweile auch Messekundschaft ansprechen. Ihre Dienstleistungen ergänzen u.a. das Angebot der traditionellen Hotellerie, die offensichtlich manchmal Mühe hat, die Nachfrage zufrieden zu stellen. Allerdings bestätigen über ein Viertel der Geschäftskunden, die Uber und Airbnb nutzen, dass das Betrugsrisiko grösser sei, als wenn sie sich für klassische Akteure in der entsprechenden Branche entscheiden würden. Die fortschreitende Reglementierung der Sharing-Angebote dürfte jedoch zu einer Reduzierung dieses Vertrauensdefizits beitragen. In siebzehn Städten bzw. Regionen der Welt – wovon Paris, Chamonix, Chicago und Amsterdam – sah sich Airbnb gezwungen, dem Druck nachzugeben, und hat damit begonnen, Abgaben zu entrichten. Das freut ganz besonderes einige Destinationen in den französischen Bergregionen, die dazu übergegangen sind, die Vermietung unter Privaten in ihre Optimierungsstrategie aufzunehmen und auf diese Weise gegen „kalte Betten“ anzukämpfen.
Das Teilen von Daten als Hebel für technologischen Fortschritt
Je besser die Reisenden die mobile Technologie beherrschen lernen, umso mehr beeinflusst diese das Reiseverhalten von Touristen und somit auch die touristische Erfahrung an und für sich. Dan Wang von der Hong Kong Polytechnic University ist der Meinung, dass die Tourismusakteure diesem Umstand Rechnung tragen sollten. Tatsächlich sind die Verflechtungen zwischen Alltagsaktivitäten und Ferienerlebnissen immer zahlreicher. Musik hören, online shoppen, fotografieren, Freunden schreiben, Informationen sammeln – das alles sind Mikroaktivitäten, die heute im Berufsalltag genauso Platz finden wie im Urlaub. Wenn man zum Beispiel weiss, zu welcher Tageszeit sich die Kunden auf ihrem Lieblingsnetzwerk tummeln, so ist das eine Information, dank der man sein Dienstleistungsangebot optimieren kann – sehr zur Zufriedenheit der Kunden. Um neue Kunden zu gewinnen und sie auch zu behalten, müssen Hotelbetreiber unbedingt das Anbieten einer Tür-zu-Tür-Dienstleistung ins Auge fassen. Das bedeutet für sie ein enges Zusammenarbeiten und insbesondere das Teilen von Daten mit anderen Dienstleistern, die den Touristen das Leben verschönern oder erleichtern: Transportbetriebe, Restaurants usw. Damit das wiederum für die Kunden einfacher und bequemer wird, scheint es wichtig, eine App zu kreieren, die alles zugleich übernimmt und den Besucher von daheim über den Ausgangsflughafen und den Ankunftsflughafen bis hin zum Hotel seiner Wahl führt. Schluss mit dem Herunterladen von vier verschiedenen Apps, nämlich die des heimischen Taxiunternehmens, des Heimflughafens, des Flughafens am Ferienort und schliesslich seines Hotels! Geht man von der Kundensegmentierung von Amadeus aus, ist es von grösster Wichtigkeit, das Ferienmachen zu vereinfachen.
Schwierige Entwicklung für die Museen
Real Virtuality. Was für ein Name! Musik in den Ohren der Manager von Schweizer Museen! In Zusammenarbeit mit der Stiftung Artanim hat das Schweizer 3D-Unternehmen Kenzan eine Plattform ins Leben gerufen, dank der man sich in eine bestimmte Umgebung versetzt sieht und sich dort auch bewegen kann. Motion-Capture-Technik und ein Real-Virtuality-Helm machen es möglich. Ob dank dieser Animation die Besucher künftig in Scharen in die Museen strömen werden? Der Ethnologe Von Bardeleben hegt seine Zweifel, denn die Museen scheinen eher unter fortschreitendem Authentizitätsverlust infolge von übertriebener Inszenierung zu leiden. Was ist folglich vom Musée d’Art Numérique (Muda) zu halten, dem ersten virtuellen Museum, das sich in Europa der digitalen Kunst widmen soll? Das Museum wird die Interaktionen zwischen Algorithmen und Gesellschaft thematisieren, und paradoxerweise wird der Besucher, auch wenn er nur virtuell im Museum ist, Probleme und Abläufe, die ihm vertraut sind, wiedererkennen und sich mit ihnen identifizieren können. Grundsätzlich gilt: Der Mensch muss immer bereits eine Vorstellung haben, damit er sich nach etwas anderem sehnen kann. So gesehen hat auch das Internet die Neugier auf anderes nicht ausgerottet. Es ist vielmehr dabei, eine neue Art Tourismus zu fördern.