Frische Ideen zur Bewältigung künftiger Krisen in der Hotellerie

Am 5. Juli 2022 fand an der EHL Hospitality Business School ein World Café im Rahmen einer EHL-Fakultätskonferenz zum Thema "Transformational resilience in the hospitality industry" statt. Die Veranstaltung bot die Gelegenheit, sich mit 50 Praktikern, Forschern und Wirtschaftswissenschaftlern des Gastgewerbes über die Auswirkungen vergangener Krisen und die Vorbereitung auf künftige Krisen auszutauschen. Sie wurde von Emmanuel Fragniere und Roland Schegg (HES-SO Valais-Wallis) sowie Stefano Borzillo und Augusto Hasman (EHL Hospitality Business School) organisiert. Das Team wurde unterstützt von Thomas Straub von der EHL und Sarah Balet und Anne-Sophie Fioretto von der HES-SO Valais-Wallis. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Diskussionen, die in drei Abschnitte gegliedert sind: Krisenmanagement, Rolle der Institutionen und der Regierung und Blick in die Zukunft.

 

1. Erfolge und Misserfolge: Management von Krisen in der Hotelbranche

 

Die entscheidende Rolle von HR

Den Mitarbeitern zuhören, sich mit ihnen auseinandersetzen, Anerkennung, Unterstützung und Vertrauensbildung waren die Hauptaufgaben der Personalabteilung, um die Krise zu bewältigen. Hoteliers mussten vor allem daran arbeiten, Vertrauen und Widerstandsfähigkeit in ihren Teams aufzubauen und gleichzeitig die Beziehungen zu den Gästen zu pflegen. Die Manager mussten auch in Sachen Logistik und Personaleinsatz flexibel sein.

 

Die Krise als Chance und Strategien zur Anpassung auf der Ebene der Aktiva

Die Covid-Krise bot der Branche vielfältige Möglichkeiten. Viele Hotels wurden zum Verkauf angeboten, was Akquisitionsstrategien ermöglichte. Das Zeitfenster für Renovierungsarbeiten, die oft schwierig sind, wenn ein Hotel voll in Betrieb ist, wurde vergrößert. Die Krise zwang die Hotels, ihre mittel- und langfristige Strategie zu überdenken, und sie nutzten die Gelegenheit, ihre Vorgehensweise und Arbeitsweise grundlegend zu ändern.

 

Suche nach Synergien zwischen Bereichen, Abteilungen, Teams und Funktionen innerhalb des Hotels

Was die Zusammenarbeit "dynamisch, agil, flexibel und anpassungsfähig" (an die jeweilige Situation) macht, ist die Arbeit über organisatorische Silos hinweg (z.B. Departemente, Abteilungen, Funktionen). Diese Art der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit hat die Suche nach innovativen Lösungen während der Krise begünstigt. Es herrschte Einigkeit darüber, dass dies beibehalten werden sollte, anstatt zum Zustand vor der Krise zurückzukehren.

 

Kosten-, Cashflow- und Liquiditätsmanagement

Einige Teilnehmer erwähnten, dass sie während der Krise bemüht waren, die Kosten so weit wie möglich zu senken und gleichzeitig die Liquidität/den betrieblichen Cashflow aufrechtzuerhalten, um die unsichere zukünftige Entwicklung besser bewältigen zu können. Einige erwähnten sogar, dass die erzielten Kosteneinsparungen es ihnen ermöglichten, gewisse Barreserven aufzubauen, die nun ihrer Meinung nach wieder investiert werden können.

 

2. Die Rolle der Institutionen und der Regierung während der Krise: Was hat funktioniert und was muss verbessert werden?

 

Institutionen, die von Bedeutung sind

Der Bund, die Gemeinden und die Dachverbände wurden als entscheidend für die Bewältigung der Krise identifiziert, insbesondere durch ihre Handhabung der Informationsweitergabe. Die Hoteliers betonen die Reaktionsfähigkeit und Dynamik der Berufsverbände sowie die Initiativen des Staates.

Hotel- und Tourismusschulen spielten ebenfalls eine konstruktive Rolle für den Sektor, was die Reaktionsfähigkeit und die Entwicklung von Managementinstrumenten angeht.

Ein interessantes soziales Phänomen ist dadurch entstanden, dass sich Hoteliers zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen haben und sich weltweit als "Kollegen" und nicht wie früher als Konkurrenten betrachten.

Die Tourismusorganisation wurden durch die Teilnehmer als relativ "machtlose" Akteure wahrgenommen, die sich in der Krise zu passiv verhielten.

 

Das fehlende Teil des Puzzles für das Krisenmanagement

Hoteliers sind sich einig: Es ist absolut notwendig, eine kollektive Gesinnung aufrechtzuerhalten. Sie müssen bestimmte Krisenszenarien antizipieren, um im Rahmen der vorgeschlagenen Unterstützungsmaßnahmen zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit reaktionsfähiger zu werden. Sie sind auch der Ansicht, dass es klug wäre, Leitlinien für die Prozesse des Krisenmanagements herauszugeben. Schließlich ist es absolut notwendig, die Märkte zu diversifizieren und die Akteure zu sensibilisieren oder zu begleiten, damit sie sich immer wieder "neu erfinden" können.

 

Mangelnde "Neutralität" seitens bestimmter kommerzieller Akteure

Einigen Akteuren der Tourismusindustrie (Reisebüros, OTAs, Online-Plattformen) wird ein gewisser Mangel an "Neutralität" vorgeworfen, da sie während der Krise Kunden/Reisende gegenüber Hotels bevorzugt haben. Die Hoteliers fordern, dass diese Akteure in Zukunft den Hotels den gleichen Stellenwert einräumen wie den Reisenden/Touristen.

 

Proaktive Unterstützung durch regionale und nationale Lobbying-Organisationen der Hotellerie und des Tourismus (z.B. HotellerieSuisse, Association Romande des Hôteliers ARH, Gastrovaud, Offices du Tourisme)

Die Dachverbände sollten in Zukunft aktiv für die Idee werben, dass das Gastgewerbe ein "echter Beruf" ist, der echte Fähigkeiten erfordert.  Mitarbeiter und Hotels können diese Anerkennung nutzen, um eine berufliche Karriere in dieser Branche zu entwickeln. Dies ist eine wichtige Botschaft, die vermittelt werden muss, wenn die Hoteliers die Attraktivität des Hotelsektors für künftige Mitarbeitende/ArbeitnehmerInnen stärken wollen.

Diese Akteure sollten sich noch besser koordinieren, um neue Krisen zu bewältigen.

 

Vorbereitung auf das Krisenmanagement: Auf dem Weg in die Zukunft und neue Innovationsstrategien

 

Befähigung des Personals

Es muss noch sehr viel getan werden, um die Arbeitsplätze in Hotels zu verbessern, insbesondere schwierige Aufgaben wie die Zimmerreinigung. Die Teilnehmer waren sich einig, dass schwierige Aufgaben nicht ausgelagert werden sollten, da Externe möglicherweise nicht das gleiche Engagement aufbringen wie direkte Mitarbeitende. Hoteliers werden wahrscheinlich auch mit weniger Mitarbeitern arbeiten müssen, aber mit mehr Verantwortung und - positiv gesehen - mit höheren Gehältern!

Hoteliers müssen die Solidarität der Teams pflegen, indem sie die Menschen wertschätzen, von der Einstellung über die Beschäftigung bis hin zu einem positiven Ende des Arbeitsverhältnisses.

Die Teilnehmer wandten sich gegen das Konzept der "Uberisierung" des Hotelgewerbes, das von den Experten in diesem Bereich oft genannt wird. Sie sind sich einig, dass dies dem Wesen der Hotellerie widerspricht und dass es besser ist, in Menschen zu investieren.

 

Vergessen und vernachlässigen Sie nicht das Wesentliche

Es wird notwendig sein, die Beziehungen zwischen den Beteiligten zu überdenken und eine bessere Zusammenarbeit zwischen Eigentümern und Hotelgruppen zu fördern.

Es besteht der Wunsch, sich auf das menschliche Element zu konzentrieren und die Bedürfnisse des Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Daher wird ein ganzheitlicher Ansatz bevorzugt, bei dem das Hotel zu einer eigenständigen «Destination» wird, die Aktivitäten organisiert, um Touristen anzuziehen. Es wird auch immer wichtiger werden, flexible Orte zu schaffen, z.B. für Rentner, Studenten, Räume, die für Aktivitäten für Kinder gemietet werden können, etc.

Natürlich müssen die Hotels auch weiterhin eine starke Identität schaffen, um sich von ihren Mitbewerbern zu unterscheiden.

 

Technologie als Wegbereiter

Die Technologie muss die Hotelaktivitäten unterstützen und nicht umgekehrt.

Die Digitalisierung gilt nicht für alle Kunden. Sie ist wichtig für einige Segmente der Hotellerie - wie Events und Geschäftsreisende - aber nicht für Premium-Aufenthalte und -Erlebnisse. Technologie kann die menschliche Note nicht ersetzen. Ein hochwertiges WLAN für Geschäftsreisende ist jedoch wichtig. Nach der COVID Krise sind die technischen und technologischen Anforderungen an die Telearbeit und Konferenzen von Geschäftskunden höher.

 

Nachhaltigkeit ist keine Spielerei

Für Hoteliers ist Nachhaltigkeit nicht nur eine Reihe technischer Standards, sondern auch wichtig für die Kultur eines Hotels. Nachhaltigkeit bedeutet beispielsweise, dass Angebote und Dienstleistungen von lokalen Anbietern bevorzugt werden.

Der Begriff des langsamen Reisens wird häufig mit der Konsequenz genannt, das Konzept der Mobilität im Hotelangebot im Allgemeinen besser zu berücksichtigen. So sind die Teilnehmer davon überzeugt, dass die veränderte Art des Reisens die Aufenthaltsdauer und die Zielmärkte beeinflussen wird.

 

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