Nachhaltige Unterkunft: gute lokale Praxis

Hotellerie Innovation DeveloppementDurable

Letztes Jahr befasste sich unser Artikel Auswahl der Tendenzen und Innovationspraktiken für 2015 mit neuen Hotel-Unterkunftskonzepten. Der Fokus vom aktuellen Artikel liegt auf dem Schweizer „David“, der gegen die „Goliaths“ der Franchise kämpft.

Bei dem ersten Beispiel handelt es sich um das Rückzugs- und Seminarzentrum Montagne Alternative, das den Weiler Commeire im Val d’Entremont (25 km von Martigny entfernt) als Standort ausgewählt hat. Dieser mit gut fünfzehn Menschen bewohnte Flecken ist auf diese Weise zu neuem Leben erwacht. Als zweites Beispiel präsentiert sich das „Eco-Hôtel de L’Aubier“, das sich in der grünen Landschaft zwischen dem Val-de-Ruiz und dem Val-de-Travers befindet. Das Eco-Hôtel praktiziert bereits seit drei Jahrzehnten eine Philosophie, die das Land und seine Lebensart an erster Stelle sieht. Diese beiden Betriebe sind die perfekten Beispiele für eine die Umwelt respektierende Hotellerie, ausgestattet mit einem echten Sozialbewusstsein.

Alternative Unterkünfte: Innovation in der Tradition

Die Hotelinfrastrukturen sind aufgrund des Ausmasses ihrer Beleuchtung und Geräteausrüstung energieaufwändig. Die beiden erwähnten Unternehmen haben ihre eigenen Mittel gefunden, um den Anforderungen der Branche und einer nachhaltigen Entwicklung gerecht zu werden. 

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Obwohl „Montagne Alternative“ Hoteldienstleistungen auf hohem Niveau anbietet, will sich dieser Betrieb umweltfreundlich zeigen. Die Architektur, das Restaurant und die Unterkunft sind so konzipiert, dass sich der Gast wie zuhause fühlt und in aller Ruhe die „Einheit“ mit der Natur erleben kann. Hier essen die Gäste, was der „Gastwirt“ vorschlägt. Die Aktivitäten finden in der unmittelbaren Umgebung statt. Genau darum präsentiert sich der Betrieb als „Rückzugszentrum“ und nicht als Hotel. Diese Definition ergab sich aus der Tatsache, dass sich der Standort in einem isolierten Weiler auf 1450 m ü. M. befindet. Die Initiatoren setzten sich zum Ziel, zwischen Komfort und Natur „die Innovation auf der Basis der Tradition“ zu suchen.

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Kurze „Kreisläufe“ durch einheimische Landwirtschaft

In L‘Aubier (NE) hat man sich für eine Aufrechterhaltung der Hotellerie mit einer persönlichen und engagierten Note entschieden. Hier geht Alles aus der einheimischen Landwirtschaft und einer biologischen Herstellung hervor, wie beispielsweise die für das Frühstück benötigten Produkte und die in der Waschküche verwendeten Waschmittel. Das „Eco-Hôtel“ weist die Besonderheit auf, mit einem Bauernhof mit biodynamischer Produktion verbunden zu sein. Die Lebensmittel werden Vorort durch das Hotel und das Restaurant verbraucht. Die Gäste können, falls sie interessiert sind, der landwirtschaftlichen Produktion beiwohnen und beim Melken der Kühe helfen.

Dennoch ist der Betrieb kein „didaktischer Bauernhof“, denn seine Ernährungsaufgabe hat Vorrang gegenüber der Attraktion. Auch andere Produkte kommen so nah wie möglich aus der Umgebung von L’Aubier, immer unter Berücksichtigung dieses bekannten „kurzen Kreislaufs“, was das eigentliche Leitmotiv des Unternehmens ist.

In Commeire (VS) findet man dieselbe Versorgungsstrategie vor, denn die Produkte werden auch auf der Basis einer mehr oder weniger nahen Herkunft ausgewählt. In erster Linie aus dem Weiler selbst, dann aus dem Val d’Entremont und schliesslich aus der Gesamtheit des Kantons Wallis. Montagne Alternative gibt seinen Gästen auch die Möglichkeit, der Käsefabrikation zu folgen, um den Käse dann im „Carnotzet“ zu degustieren. Der Gemüsegarten des Weilers wurde saniert, mit dem Ziel, die Küche des Restaurants zu versorgen. Zudem wurde, in Zusammenarbeit mit der regionalen Kräuterhändlerin Isabelle Gabinoud, ein Garten mit medizinischen und aromatischen Kräutern zu Verkaufszwecken angelegt.

Kundschaft für Ökologie und nachhaltige Entwicklung

Die bereits genannten Hotelstrukturen ziehen verschiedene Kundentypen an. Wegen der vorhandenen Seminarräume schätzen die Unternehmen die aussergewöhnliche Ruhe dieser Orte und organisieren „incentives* (Motivations-Aktivitäten), d.h. Arbeitstage oder auch Seminare. Gefolgt von Familien und Paaren, die während eines Wochenendes oder eines Wochenaufenthalts Energie auftanken wollen. Es ist selbstverständlich, dass man nicht zufällig nach Commeire oder nach Montezillon kommt. Gemäss Christoph Cordes, Direktor von L’Aubier, reagiert seine Kundschaft mehrheitlich sehr sensibel auf die Ökologie und auf die nachhaltige Entwicklung. Er ist sich sicher, dass auch die anderen Gäste am Ende ihres Aufenthalts von dem Konzept überzeugt sein werden.

Diese Philosophie der Nähe und der Nachhaltigkeit wird zudem auch auf den Energieverbrauch angewendet, denn die beiden Strukturen funktionieren auf der Basis eines sehr niedrigen Verbrauchs. Die Energie wird entweder auf Grundlage von Hydroelektrizität, von Windenergie sowie mit Hilfe von Solarpanels gewonnen.  L’Aubier sammelt das Regenwasser und verwendet es für seine Waschküche und für die Toiletten. Dem Kreislauf der Ressourcennutzung wird Rechnung getragen und die Effizienz dieser Methode beweist, dass die touristische Unterbringung nicht zwangsläufig mit Energieverschwendung gleichgesetzt werden kann.

„Integration“: Masterwort der beiden Betriebe 

Für Montagne Alternative und für L’Aubier bedeutet nachhaltige Entwicklung nicht Eigenständigkeit. Ganz im Gegenteil, die beiden Unternehmen haben eine nicht alltägliche soziale Verankerung: Das eine wie das andere engagiert sich innerhalb des Dorfes, wo sie sich angesiedelt haben.

L’Aubier hat in Montezillon das  generationenübergreifende Öko-Quartier „Les Murmures“ geschaffen, ganz nach dem Modell des Hotels: Alles wird hier unternommen, um das Umweltbewusstsein und den Respekt gegenüber dem Boden anzuregen. Dies geschieht unter dem Aspekt der menschlichen Beziehung, die für die Verantwortlichen dieser Konzepte untrennbar von der nachhaltigen Entwicklung ist. In Montagne Alternative wird der Akzent auf die Beziehung zwischen Tradition und Modernität gesetzt. Die Konzepteure möchten beweisen, dass man „business“ auch auf einer gerechten Basis betreiben kann. Sie beabsichtigen, dem Weiler Commeire ein neues Leben einzuhauchen, ohne die Ursprünglichkeit des Ortes zu beinträchtigen und in vollständiger Übereinstimmung mit dem Erbe der traditionellen Bebauung.

Für diese Struktur erhielt übrigens das erste Schweizer Unternehmen den amerikanischen Label B corporation, welcher Betriebe mit einer lukrativen und nachhaltigen Zielsetzung vereint.

Im Wallis wie in Neuchâtel mag diese Verankerung trivial erscheinen, aber sie ist von grosser Bedeutung. Tatsächlich erlaubt das Vertrauen der Bevölkerung in diese Betriebe, eine harmonische Entwicklung dieser Territorien zu verfolgen, die sich abseits der grossen touristischen Achsen und des Kommerzes befinden. Sie ermöglicht eine Alternative zur ländlichen Entvölkerung, die diese Regionen bedroht.

 

Quellen

Gespräch mit Christoph Cordes, Direktor des Hotel Restaurant L’Aubier; Eduardo Ramos, Marketing-Direktor von Montagne Alternative et Benoit Greindl, CEO von Montagne Alternative