Kurze Wege und Direktverkauf: Zutaten für eine Wiederbelebung

Dies ist der zweiter Teil unserer Miniserie "Bauern und Restaurants: Brüder im Kampf?".

Voller Stolz auf ihr Engagement für das Lebendige und angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen diversifizieren sich die Bauern, indem sie Direktverkauf und manchmal auch Verarbeitung anbieten. Zuweilen organisieren sich die Produzenten untereinander, um Zwischenhändler zu umgehen. So liefert der Zusammenschluss "Direct Paysan" aus Okzitanien (Frankreich) die Ernteprodukte selbst an die Vertriebsstellen von Warenkörben. Die Mitglieder der Vereinigung kümmern sich abwechselnd auch selbst um die Lieferung der Körbe mit saisonalem Obst und Gemüse, das in einem Umkreis von 80 Kilometern produziert wird. Die Verbraucher haben ihrerseits eine Frische- und Geschmacksgarantie. Andere Formen des Direktverkaufs sind ebenfalls zu erwähnen: Verkauf auf dem Markt, Selbstbedienung auf dem Bauernhof. Weitere Optionen: Verkauf im Dorfladen oder über eine Agriculture Contractuelle de Proximité (ACP), sowie Online-Verkauf mit oder ohne Zwischenhändler (in der Schweiz: www.farmy.ch, www.panierlocal.ch, www.robindesfermes.ch). Das junge Westschweizer Start-up-Unternehmen, das "robindesfermes" ins Leben gerufen hat, steht auch hinter einer B-to-B-Verkaufsplattform, die sich an lokale Lebensmittelgeschäfte und Restaurants richtet: www.approv.ch. Ein Netzwerk von Produzenten, eine einzige Rechnung und eine Lieferung, die von den Landwirten selbst betrieben wird. Die Preise werden an die bestellte Menge angepasst. Ein weiteres Beispiel für einen erfolgreichen Aktivismus ist "Terres d'Avenir". Die vom Sohn eines Lebensmittelhistorikers in Frankreich gegründete Organisation belieferte zunächst Sterneköche wie Iñaki Azpitarte, Adeline Grattard oder Bertrand Grébaut, die sich für die Bistronomie einsetzen. Es folgte die Einrichtung von Läden, um auch die breite Öffentlichkeit zu erreichen. Nach sechzehn Jahren ist die Bilanz heute positiv: "Terroirs d'Avenir" arbeitet mit mehr als 300 Bauern zusammen, hat 14 aktive Geschäfte, beschäftigt 130 Personen und beliefert 250 Restaurants. Dieses Projekt konnte von einem Vorläuferprojekt profitieren, das die "Sentinelles Slow Food" identifiziert hat. Diese Formen des Direktverkaufs fördern den Austausch zwischen Produzenten und Verbrauchern, inklusive Restaurants. Dieser Dialog ist wichtig, weil er den Aufbau von Vertrauen und ein besseres Verständnis für die Realitäten des bäuerlichen Berufs ermöglicht.

Im Wallis (Schweiz) haben die Dienststelle für Landwirtschaft, die Association Hôtelière Valaisanne, Valais Wallis Promotion und GastroValais das Tourismusinstitut der HES-SO Wallis beauftragt, die Hindernisse für eine lokalere Versorgung genau zu identifizieren. In Deutschland beliefert Gut und Bösel die Restaurants bereits mit Lebensmitteln aus regenerativer Landwirtschaft. Aber das Engagement geht noch weiter, denn die Organisation testet ihre Innovationen vor Ort in Partnerschaft mit Universitäten und der von ihr gegründeten Finck-Stiftung. Die umgekehrte Bewegung der gegenseitigen Hilfe ist ebenfalls zu beobachten: Mit Zero foodprint und einer Spende in Höhe von 1 % des Kaufpreises tragen die Restaurantbesitzer direkt zur Unterstützung von Landwirten bei, die nach dem Prinzip der regenerativen Landwirtschaft wirtschaften.

Das Open Food Network (OFN) ist ein Beispiel für diesen Wunsch nach Veränderung durch Bindung. Die gemeinnützige Organisation setzt sich ebenfalls für ein faires und lokales Lebensmittelsystem ein. Sie stellt eine Open-Source-Software zur Verfügung, die die Vernetzung der Akteure in der Lebensmittelkette erleichtert. Mit dieser Software können Landwirte beispielsweise Online-Shops einrichten und mit Händlern oder Transportunternehmen zusammenarbeiten. Heute wird die OFN-Plattform von mehr als 7'000 Produzenten in über 20 Ländern genutzt.

In ganz Europa begeistern kurze Lebensmittelwege auch die Behörden, die darin einen Faktor für die Ernährungsresilienz der Gebiete, die soziale Eingliederung und ein pädagogisches Instrument sehen. Einige gründen landwirtschaftliche Betriebe für Bio-Gemüseanbau und beliefern Schulkantinen und sozialmedizinische Einrichtungen (APHs). [1]"Während der Generationswechsel in der Landwirtschaft ein echtes Problem darstellt [...], bietet der sogenannte Regiebetrieb eine echte Chance für Projektträger, die weder über Land noch über genügend Kapital verfügen, um sich selbstständig zu machen" . Als Gemüsebauer angestellt zu sein, ein garantiertes Einkommen auch bei Produktionsschwankungen und geregelte Arbeitszeiten zu haben, ist immer noch eine Überraschung. In Frankreich fand diesen Sommer das erste nationale Treffen der landwirtschaftlichen Regiebetriebe statt. Ein Zeichen dafür, dass sich die Mentalitäten ändern, und eine Ermutigung für diejenigen, die das Land mit gesundem Menschenverstand und lobenswerten Absichten bearbeiten. Die "Coop des Territoires" untersucht derzeit die Hindernisse, die dem Übergang zum Handeln in lokalen Gemeinschaften im Wege stehen. Die Ergebnisse der Umfrage werden im September 2024 auf ihrer Website veröffentlicht. Nachfolgend ein Beispiel für ein Projet Alimentaire de Territoire (PAT) in der Normandie (Frankreich). In der Schweiz führte der Kanton Genf im Jahr 2020 ein Verfahren zur Zuweisung von landwirtschaftlichen Parzellen ein, die sich im Besitz des Staates befinden. Darüber hinaus stellen wir fest, dass die Communauté de communes du Genevois seit Januar 2022 beschlossen hat, mit allen Akteuren des Gebiets eine Ernährungsstrategie zu erarbeiten, die den Zugang ihrer Bevölkerung zu einer lokalen und gesunden Ernährung unter nachhaltigen Bedingungen zum Ziel hat.

 

[1] https://territoiresbio.fr/definir-et-mettre-en-oeuvre-sa-strategie-bio-territoriale/le-modele-de-la-regie-agricole-essaime-dans-de-nombreuses-collectivites-en-france/

 

 

Um mehr zu erfahren:
Ein Podcast von "Présages", der die Mängel und Schwachstellen unserer Ernährungssysteme aufzeigt. Mit Arnaud Vens von "Les Greniers d'abondance": https://podcasters.spotify.com/pod/show/presages/episodes/Le-systme-alimentaire-franais-en-pril---Arnaud-Vens--Les-Greniers-dabondance-e205tci/a-a9ffdnf 
Eine von ARTE produzierte Dokumentation. Sie zeigt unsere Abhängigkeit von Lebensmittelimporten und Fleischkonsum auf: https://www.arte.tv/fr/videos/086137-000-A/manger-autrement-l-experimentation/ 

 

Bildnachweis für das Titelbild: Freepik