(Fehlende) Convenience als zentrales Thema für Reisende in der Schweiz

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Erkenntnisse aus einer Analyse von Schweiz Tourismus

Das Bedürfnis der Gäste nach Convenience (Annehmlichkeit / Bequemlichkeit) und daraus folgend nach Zeitautonomie wird immer ausgeprägter. Dies beobachtet Schweiz Tourismus (ST). In diesem Kontext präsentierte die Marktforschung am vergangenen Schweizer Ferientag in Luzern die neuste Analyse aus dem Tourismus Monitor Schweiz zum Thema Convenience.

 

Dies sind einige Erkenntnisse, die aus dieser aktuellen Analyse der Marktforschungsabteilung hervorgingen. Was bedeutet aber «Convenience» genau für die Tourismusbranche?

«Der Bereich Convenience umfasst alles, was dazu beiträgt, die Inanspruchnahme einer Leistung durch den Gast zu erleichtern. Ziel ist es, An- und Abreise sowie den Aufenthalt selbst so reibungslos wie möglich zu gestalten. » Markus Stolpmann (2007, S.177).

Kurzgefasst, der Aufenthalt für den Gast, von der Planung bis zur Heimreise, soll so bequem, annehmlich, komfortabel etc. wie möglich gestaltet werden. Eigentlich selbstverständlich oder? Der Gast und seine Bedürfnisse stehen im Zentrum, Customer Centricity, wie es Marcus Schögel, Direktor des Instituts für Marketing an der Universität St. Gallen, in seiner Abschlusspräsentation des Ferientages vorstellte. Doch die nachfolgenden Ergebnisse zeigen, dass es immer wieder Convenience-Probleme innerhalb des Customer Journey für Reisende in der Schweiz gibt.

 

Aus den TMS Untersuchungen

Bei der Fragestellung an die Gäste wurde der Preis als Kriterium schon vorweg ganz bewusst ausgeklammert, da die Schweiz als Premium Destination dieser Kritik permanent ausgesetzt ist. Nach genauerer Analyse wurde erstmals ersichtlich, dass 40% der von den Gästen genannten Schwächen des Reiselandes Schweiz im Bereich der Convenience liegen. Das ist nicht zu unterschätzen – gerade, wenn man bedenkt, dass im TMS nur Gäste in der Schweiz befragt wurden. Schweiz Tourismus geht von einer grossen Dunkelziffer von Gästen aus, die aufgrund von Convenience-Problemen ihre Reise erst gar nicht buchen und auf ein anderes Ziel ausweichen.

Darüber hinaus haben Convenience-Probleme einen hohen Einfluss auf die Wiederbesuchsabsicht des einzelnen Gastes (Grafik1). Sprich, bei einem Gast, der während seinen Ferien in der Schweiz mit solchen Unannehmlichkeiten konfrontiert ist, sinkt die Absicht, seine nächsten Ferien wieder in der Schweiz zu verbringen.

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Grafik 1: Quelle ST Marktforschung

 

Zudem hat es auch einen negativen Einfluss auf die Weiterempfehlung an Familie und Freunde. Diese persönlichen Kontakte gelten schliesslich immer noch als wichtigste Informationsquelle vor einer Reise (ebenfalls ein Ergebniss aus dem TMS 2017).

 

Welche Phase im Customer Journey gilt jedoch als «Unkomfortabelste»?

Je nach Herkunft des Gastes, können die Probleme zu unterschiedlichen Zeitpunkten während der Reise auftreten. Untersucht wurden folgende drei Phasen (Grafik 2):

  • Vor der Reise (Phase der Informationsbeschaffung, Planung, Buchung, Reservierung, etc.),
  • Anreise (Phase der Reise von Zuhause bis zur Unterkunft mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Auto, etc.)
  • Aufenthalt (Phase während Aufenthalt: Aktivitäten, Fortbewegung, Verpflegung etc. vor Ort)

Zur besseren Darstellung hat die Marktforschungsabteilung von ST Drehbücher zu einzelnen Gästeprofilen geschrieben, welche typische Probleme und Erlebnisse der Gäste in den drei Reisephasen illustrieren.

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  • Vor der Reise

Für 45% der Gäste tauchen vor dem Reiseantritt am meisten Probleme auf. Vor allem bei Überseegästen und Erstbesuchern, so beispielsweise für Kim Suang, 28 Jahre, aus Südostasien.

Die Festlegung der Reisedetails und die zu grosse Angebotsbreite zählen für Kim zu den grössten Herausforderungen. Ebenfalls häufig genannt wurde das erschwerte Auffinden von Informationen zum öffentlichen Verkehr.

In dieser Phase setzt Schweiz Tourismus den Hebel zur Optimierung unteranderem bei der neu lancierten Webseite myswitzerland.com an. Diese legt den Fokus insbesondere auf folgende Aspekte: Prozessoptimierung, Vernetzung der Angebote, Benutzerfreundlichkeit, Verständlichkeit und bessere Auffindbarkeit.

  • Anreise

Den zweiten Gästetyp vertritt Friederike L., 62 Jahre alt und wohnhaft in Deutschland. Sie ist häufig zu Gast in der Schweiz und repräsentiert Best Ager (Stammgäste), Autofahrer und öV-Nutzer aus der Schweiz und Europa. Aus ihrer Sicht liegen die grössten Herausforderungen bei der Anreise. Das Umsteigen bei den öffentlichen Verkehrsmitteln, die knappen Zuganschlüsse, Stau und Verkehr werden dabei besonders oft genannt. Auch der Gepäcktransport erweist sich als mühsamer Punkt. Die Gäste erwarten hier eine verbesserte, direkte Gästebetreuung oder dass Alternativen zu den knappen öV-Anschlüssen gegeben werden. Schweiz Tourismus lancierte zusammen mit der SBB im Dezember 2018 ein neues Pauschalangebot für einen bequemen Gepäcktransport von Tür zu Tür, um den Gästen die Anreise zu erleichtern.

  • Aufenthalt

Nadine R., Mutter von zwei Kindern, lebt in der Schweiz. Sie steht für Familien aus der Schweiz und Europa. Die mühsamsten Punkte während des Aufenthaltes betreffen vor allem touristische Kernleistungen – das ist ein Weckruf für alle Touristiker! Über 22% der Unannehmlichkeiten während dem Aufenthalt betrafen die Qualität und Infrastruktur der Unterkunft. Man erwartet hier mehr Investitionen in das Produkt durch Liebe, Zeit und Geld. Ein weiterer wichtiger Fakt ist, dass das Erlebnis für die Gäste nicht an der Ortsgrenze aufhört.

 

Was kann daraus gelernt werden?

Die Analyse macht deutlich: Convenience betrifft alle Leistungsträger. Sie konzentriert sich nicht nur auf ein Thema oder eine Region. Man sollte sich in die Lage des Gastes versetzen. «Denken wie ein Gast», so die Marktforschungsabteilung von ST. Das Erlebnis wird heutzutage, und vor allem im Tourismus, immer mehr zum Produkt. Es ist zunehmend wichtig, in- und ausserhalb eines Ortes, Destination oder Region die Kooperation zu fördern. Denn wie bereits erwähnt, das Erlebnis für den Gast ist grenzüberschreitend und kann so über den ganzen Customer Journey hinweg «convenienter» gestaltet werden.

  • Ein Appell an die Branche

Oft sind es die kleinen Dinge, die die Erlebnisqualität für den Gast deutlich steigern und individualisieren. Dieser Einsatz, die extra Meile zu gehen und den Gast mit dem letzten Detail zu begeistern, zahlt sich aus, auch wenn es vielleicht nicht unmittelbar spürbar ist. Die Gäste verfügen über immer mehr Reiseerfahrung und vergleichen mit den Besten, so steigt der Konkurrenzdruck. Schlussendlich folgen auf positive Reiseerlebnisse positive Weiterempfehlungen, «Word of mouth» direkt an Familie / Freunde oder «online word of mouth» via verschiedenster Online Bewertungsplattformen. Diese Empfehlungen sind nach wie vor hochrelevant im Reiseentscheid der Gäste und können durch Marketing nicht erkauft werden.

Quellen:

  • Marktforschung Schweiz Tourismus
  • «Tourismus-Marketing mit Profil: Reiseziele positionieren - Gäste und Kunden gewinnen» von Markus Stolpmann (S.177) 2007 by mi-Fachverlag, Redline GmbH, Landsberg am Lech