Nachtzüge als kurzlebiger oder dauerhafter Trend?
Am 15. September 2020 verkündete die SBB eine Partnerschaft mit den österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). Mission: Die guten alten Nachtzüge von Zürich zu europäischen Städtedestinationen wie Prag oder Rom sollten wieder auf Kurs gebracht werden. Die Zahl der Fahrgäste in Nachtzügen aus der Schweiz ist laut SBB im Vergleich zu 2019 um mehr als 25 % gestiegen. Es ist schwierig, diesbezüglich Zahlen von der Europäischen Union zu erhalten, da seit 2017 keine Studie zu diesem Thema durchgeführt wurde. Das Thema scheint vor drei Jahren noch kaum Interesse geweckt zu haben, was heute nicht mehr der Fall ist, wie das aktuelle Angebot der SBB beweist.
Nachhaltigkeit
Wird sich dieser Trend der Nachtzüge also durchsetzen oder ist er nur eine Modeerscheinung? Laut internationalen Organisationen und der Zielgruppe von Reisenden ist im Jahr 2021 nun endlich die Zeit für ein nachhaltiges Denken reif. Abgesehen von der Pandemie stehen nun diesbezüglich alle Ampeln auf «grün». Aber es könnten noch andere Hindernisse zu überwinden sein, um Reisende wieder in Nachtzüge zu bringen, denn an vorgefassten Meinungen mangelt es nicht, wie Damien Crevoiserat, Tourismusstudent an der HES-SO und aktives Mitglied der Generation Z, überzeugt ist.
«Mit dem Gedanken der Nachhaltigkeit von Nachtzügen habe ich keine Sekunde gezögert, das Reise-Experiment zu wagen, mit dem Zug von Zürich nach Prag zu fahren. Meine Familie hatte Bedenken, weil sie das Experiment für eine gefährliche Reise hielt, die an das Mittelalter assoziiert. Hier verbirgt sich ein Stereotyp eines beunruhigenden Bildes von Nachtzügen, das mir meine Eltern vermittelt hatten. Tatsächlich war meine Reise sicher nicht luxuriös, aber für eine 10-stündige Zugfahrt in einem Schlafwagen zweiter Klasse habe ich sehr gut geschlafen. Als ich bei Tagesanbruch in Prag ankam, war ich frisch und bereit für meinen ersten Besuch in der tschechischen Hauptstadt.»
Gerettet durch die Nachfrage
Die Nachtzüge verschwanden fast ganz aus Europa, weil ihr Überleben an einem seidenen Faden hing. Die Konkurrenz durch Billigflüge brachte scheinbar den Todesstoss für dieses benutzerfreundliche Verkehrsmittel, das den "Backpackern", den berühmten «Rucksacktouristen» der 1970er und 1980er Jahre, wohlbekannt war. Damals war die Bahn für die Jugend Westeuropas DAS Reisemittel schlechthin. Wegen des Kalten Krieges zog man Reisen in Osteuropa gar nicht in Betracht. Heute kündigen einige Eisenbahnunternehmen ihre Rückkehr in diesen einst blühenden Markt an, da es eine konkrete Nachfrage gibt. Nachtzüge, die bis vor kurzem noch als «altmodisch und nostalgisch» empfunden wurden, stehen vor einem unverhofften Comeback. Für die Jugend Europas sind sie eine ernstzunehmende Alternative zum Flugverkehr auf dem alten Kontinent.
Quelle: PxHere
Die aktuelle Situation
Was sind die Hauptnachteile von Nachtzügen? Für Damien Crevoiserat gibt es zwei Nachteile. Zunächst einmal der Preis, der zwei- bis dreimal so hoch ist wie der einer Billigfluggesellschaft für die gleiche Reise. Zweitens die Reisezeit, die z. B. bei einem Flug von Zürich nach Wien nur 2 Stunden, aber mit dem Zug 9 Stunden beträgt. Also die totale Niederlage des Zuges? Nicht wirklich, denn diese beiden Kriterien sind nur scheinbare «Schwachstellen». Schliesslich kann man in einem Nachtzug schlafen. Die Nacht kann sogar erholsam sein, wenn man nicht unter zu leichtem Schlaf leidet. Auch wenn die tatsächliche Dauer der Flüge viel kürzer ist, müssen alle Schritte, die am Flughafen zu erledigen sind, mitgezählt werden und diese Schritte benötigen bekanntlich Zeit. Dadurch ist der erste Besuchstag bereits auf einen halben Tag reduziert. Das heisst, wenn man am Vortag an dem Zielort ankommt, muss man die Kosten für eine zusätzliche Hotelübernachtung im Budget mit einberechnen. Für Aktivisten und Nachtzug-Liebhaber liegt die optimale Strecke für Nachtzüge bei 1.000 Kilometern. Innerhalb von diesem Radius erreicht ein Passagier, der von Zürich abfliegt, nach etwas mehr als einer Nacht Barcelona, London, Kopenhagen oder Warschau, wobei die Übernachtung im Ticketpreis bereits enthalten ist.
Das Reisen mit der Bahn könnte wieder in Mode kommen, da es ein gutes Umweltimage hat, der Komfort im Zug zunimmt und man davon ausgeht, dass durch die steigende Nachfrage die Preise sinken werden. Vielleicht könnte dieses Verkehrsmittel in naher Zukunft sogar mit dem Flugzeug auf Kurzstrecken konkurrieren. Wenn das der Fall ist, dann hofft Damien Crevoiserat, dass die Branche die ethischen und ökologischen Werte nicht vergisst, die ihr eine Wiederaufleben ermöglicht haben.
Anmerkung
Dieser Blog wurde auf der Grundlage der Arbeit von Damien Crevoiserat, Tourismus Student an der HES-SO Valais-Wallis, Schweiz, verfasst.
Referenzen
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Ce blog a été rédigé sur la base du travail de Damien Crevoiserat, étudiant en tourisme à la HES-SO Valais-Wallis, Suisse.