Post-Covid: Nachhaltiger Aufschwung des Agrartourismus?

Agrartourismus dank Pandemie im Aufschwung

Der Agrartourismus erfreut sich seit einigen Jahren wachsender Beliebtheit. Wie in anderen Branchen hat die COVID-19-Krise das Verlangen der Menschen nach Erholung in der Natur mit den zu ihr gehörenden möglichen Angeboten (Ferien auf dem Bauernhof, Aktivitäten in ländlicher Umgebung etc.) und vor allem nach Sinnhaftigkeit der Aktivitäten offenbart. Die durch die Pandemie erzwungene soziale Distanzierung hat das Bedürfnis verstärkt, mit der Natur und den Tieren in Kontakt zu kommen, lokale Produkte zu konsumieren und kurze Wege und Direktverkäufe zu bevorzugen.

Der Verband Agrartourismus Schweiz stellt fest, dass die Pandemie die Verbindung zum ländlichen Tourismus gestärkt hat. Die Aufenthalte im Bereich des Agrartourismus sind im letzten Jahr um 35 % gestiegen, das heisst von 973 Buchungen im Jahr 2019 auf 1’309 Buchungen im Jahr 2020. Aus wirtschaftlicher Sicht ist der Anstieg sogar noch ausgeprägter. Der Agrartourismus generierte einen Umsatz von 786’000 Franken. Dies entspricht einer Steigerung von mehr als 50 % in nur einem Jahr. Dies lässt sich dadurch erklären, dass es nicht nur mehr Aufenthalte gab, sondern auch mehr Geld ausgegeben wurde. Die Prognosen für 2021 zeigen sich ebenso positiv.

Nach Angaben des Verbandes sind die Schweizer (66 %) und die Deutschen (24 %) am stärksten an Bauernhoferlebnissen interessiert. Die Kundschaft setzt sich vor allem aus Familien und zunehmend auch aus Paaren zusammen. Tiere und insbesondere Pferde sind für Kinder sehr attraktiv. Auch der Austausch mit Landwirten und die Teilnahme an landwirtschaftlichen Arbeiten sind sehr beliebt. Aufenthalte mit minimalistischer Ausstattung, wie z. B. Betten aus Stroh, finden immer noch ihr Publikum, aber die Entwicklung eines High-End-Angebots entspricht den neuen Erwartungen der Stadtbewohner, die Komfort und Natur verbinden wollen.

Quelle: Pixino

 

Eine gute Online-Präsenz von Angeboten ist die grosse Herausforderung für Landwirte. Zumal sich die Nutzung der digitalen Technik seit Beginn der Pandemie intensiviert hat. Airbnb ist in den Markt eingetreten und dient als Vermittler zwischen Bauern und Kunden.

 

Online-Plattformen als Vermittler zwischen Landwirten und Besuchern

 

  • Ausrichtung von Airbnb auf den Agrartourismus mit Campagne d'Avenir

Plattformen wie myfarm, myswitzerland oder e-Domizil haben die landwirtschaftlichen Anbieter, wie z. B. die Bauernhöfe, bereits gelistet und ermöglichen die Buchung von Agrartourismus-Erlebnissen. In Zukunft könnte sich ihnen Airbnb anschliessen, das wie in Frankreich nun auch wieder sein Interesse an der ländlichen Umgebung bekundet.

Angesichts des stagnierenden Tourismus in den Städten ändert Airbnb seinen Kurs und setzt verstärkt auf ländliche Umgebung. In Frankreich besiegelt das Programm «Campagne d'Avenir» - das ist eine Partnerschaft zwischen der Vermietungsplattform und der Association des Maires Ruraux de France (AMRF) - eine neue Strategie zugunsten der Tourismusentwicklung in ländlichen Gebieten. Bis Ende 2021 will Airbnb in Frankreich 15’000 neue Unterkunftsangebote auf dem Land schaffen.

Mehr als nur die Wiederbelebung des ländlichen Sektors, der in den letzten Jahren gelitten hat, wird die Agrartourismusentwicklung zu einem Katalysator für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Regionen. Handwerker, Handel, Industrie und Bürger profitieren von dieser tertiären Wirtschaft.

Finanzielle Anreize sind daher unerlässlich, um Landwirte zu überzeugen, der Plattform beizutreten. Das mittlere Einkommen, das durch die Nutzung von Airbnb erzielt wird, liegt bei 1’200 €. In den Departements Dordogne und Ardèche verdienten die Gastgeber im Sommer 2020 sogar mehr als 1’600 €.

Airbnb und AMRF haben sich darauf geeinigt, für jedes neu erstellte Angebot 100 Euro an einen Fonds zu spenden, der Projekte des ländlichen Tourismus finanzieren soll.

Die Partnerschaft umfasst auch ein «Rural Bootcamp». Dieses Online-Coaching-Programm zielt darauf ab, das Bewusstsein für Qualitätsunterkünfte und Gastfreundschaft zu schärfen, um die Buchungen zu maximieren.

Quelle: PxHere

 

  • Neue Plattformen unterstützen die Schaffung von agrartouristischen Angeboten

Landwirte, die nicht über die notwendige Infrastruktur verfügen, um Besucher auf ihrem Hof zu empfangen oder dies nicht wünschen, können dennoch auf alternative Lösungen zurückgreifen.

Dies ist bei der kollaborativen Plattform nomady.ch der Fall, die Camper mit Landbesitzern und Bauern verbindet, die einen Teil ihres Landes gelegentlich vermieten möchten. Die Luzerner Regionen der UNESCO Biosphäre Entlebuch, Willisau Tourismus, Sempachersee Tourismus und Seetal Tourismus arbeiten mit dieser Plattform zur Förderung des Agrartourismus zusammen. 

Quelle: Unsplash

In der Bretagne hat das Start-up Agrivillage gerade ein Mietsystem winziger Häuser für Landwirte gestartet, die Agrartourismus entwickeln wollen.

 

Es ermöglichen auch partizipative Finanzierungsplattformen, wie z. B. MiiMOSA in Frankreich oder Yes We Farm in der Schweiz, die Unterstützung für landwirtschaftliche und agrartouristische Projekte.

Seit vier Jahren unterstützen Airbnb, MiiMOSA und das Netzwerk Bienvenue à la ferme jedes Jahr Landwirte bei ihren Agrartourismusprojekten durch einen Wettbewerb auf der Website tousalaferme.com. Die Teilnehmer werden von den MiiMOSA-Teams für die partizipative Finanzierungskampagne betreut. Am Ende des Wettbewerbs erhalten zehn Gewinner eine finanzielle Unterstützung von Airbnb von bis zu 4’000 Euro pro Projekt und werden ausserdem von Beratern der Landwirtschaftskammern des Bienvenue à la ferme-Netzwerks bei der Umsetzung ihres Projekts unterstützt.

 

Nachfrage mit glänzenden Aussichten und anspruchsvollen Herausforderungen

Für immer mehr landwirtschaftliche Betriebe ist der Tourismus ein wichtiges Thema, da ihr Überleben davon abhängt. Die Diversifizierung der Aktivitäten durch den Tourismus ist für die Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Tätigkeit unerlässlich geworden. Auch für ländliche Gemeinden ist die touristische Aktivität von Bauernhöfen eine Chance für die wirtschaftliche und soziale Attraktivität ihrer Dörfer. Die Begeisterung für den ländlichen Tourismus ist mehr als ein einfacher Modeeffekt und entwickelt sich zu einem echten Trend, der mit einer Lebensphilosophie und den aktuellen Konsumbedürfnissen einhergeht. Die grosse Herausforderung für Landwirte wird jedoch ihre Online-Präsenz sein. Die Schaffung eines touristischen Erlebnisses auf dem Land ist untrennbar mit der Digitalisierung verbunden. Andernfalls bleibt sie aus der Perspektive der Kunden unsichtbar.

 

Quellen:

Site Internet. Airbnb : Campagne d’Avenir. Consulté le 4 mai 2021

Site Internet. France Bleu. Airbnb veut créer 15.000 nouveaux hébergements de tourisme à la campagne. 14 avril 2021

Site Internet. Presslib.com. Airbnb donne un coup d’accélérateur à la campagne. 23 avril 2021

Site Internet. Luzern.com. Nomady-Gastgeber Luzern Land gesucht. Consulté le 4 mai 2021

Site Internet. MiiMOSA. Airbnb s'associe à MiiMOSA pour développer l’agritourisme en France. Consulté le 4 mai 2021

Site Internet. France TV info. Une start up bretonne loue des "Tiny houses" aux agriculteurs pour développer l'agro-tourisme. 26 avril 2021

Site Internet. HTR. Le tourisme à la ferme en progression. 20 janvier 2021

Site Internet. T.O.M. L’agritourisme : une tendance qui marquera la différence dans le Tourisme de demain. 28 avril 2021

Chantal Neault, Réseau de veille en tourisme. L’agrotourisme tire son épingle du jeu. 26 janvier 2021