In unmittelbarer Nähe des norwegischen Svartisen-Gletschers soll im Jahr 2024 das Six Senses Svart, ein Hotel der Spitzenklasse, eröffnet werden. Die Ankündigung macht bereits Schlagzeilen in den Fachmedien, da sich das lange vorher begonnene Projekt der Realisierung nähert und seine Machbarkeit nicht mehr in Frage gestellt wird. Dieses Hotelprojekt, das zu Beginn als überdimensional und avantgardistisch galt, wird heute mit Spannung erwartet, da es zeitgemäss ist. Es wird die Erwartungen der Reisenden erfüllen, die sich nach mehr Nachhaltigkeit sehnen. Dieses Konzept war die Grundlage für die gesamte Umsetzung, und zwar von der Planung bis zur Fertigstellung.

Die Positionierung des Hotels ist aus zwei Gründen bemerkenswert: Erstens weil es keine Zugeständnisse an die Ökologie macht, zweitens weil es geografisch das erste der Six Senses-Gruppe ist, das in Skandinavien angesiedelt ist.

Im Jahr 2018, als das Projekt begann, fehlte es an Unterkünften für die Besucher der Gegend, deren Zahl jedes Jahr rapide anstieg. Um die Nachfrage der Touristen zu befriedigen, musste Norwegen in Einrichtungen für die Aufnahme von Besuchern investieren. Dieser Entschluss sollte mit einer grossen Verantwortung für eine positive Lösung einhergehen: Da man sich des landschaftlichen Wertes der Gegend bewusst war, sollte dieser im Zentrum des Projekts bleiben. Die Tier- und Pflanzenwelt sollte erhalten bleiben und gleichzeitig denjenigen näher gebracht werden, die sie als Motiv für ihren Aufenthalt nutzten.

Zenul Khan führt das Hotelgewerbe in ein neues Zeitalter. Quelle: https://loremnotipsum.com

Six Senses Svart ist ein Gemeinschaftsprojekt, an dem sechs Architekten beteiligt sind und das dem Projektleiter Zenul Khan vom norwegischen Architekturbüro Snøhetta untersteht. Dieses hat einige der wichtigsten öffentlichen und kulturellen Projekte entworfen, wie die neue Bibliothek in Alexandria oder den Pavillon des 9/11 National Memorial Museum im World Trade Center in New York. Snøhettas Markenzeichen ist seit jeher die Verschärfung des Gefühls der Zugehörigkeit zum bewohnten physischen Raum, sei er natürlich oder vom Menschen geschaffen.

Eine sich verflüchtigende Präsenz und organisches Design

Im Rahmen des Svart-Projekts sollte die Nachhaltigkeit auf verschiedene Weise zum Ausdruck gebracht werden. Vor allem wollte man den Panoramablick aus dem Inneren des Gebäudes fördern. Angesichts der Grösse des architektonischen Ensembles, das mit 94 Zimmern das zweitgrößte Hotel Norwegens ist, war dies eine schwierige Herausforderung. Die ringförmige Bauweise bot sich als Lösung der Wahl an. Die Kreisform des Gebäudes spiegelt zudem die organischen Formen des Ortes wider. Die hohle Form lässt das Licht von beiden Seiten eindringen und erzeugt so einen Effekt von Transparenz und Leichtigkeit, der durch die tragende Struktur von Stelzen noch verstärkt wird. Das Gebäude steht schwerelos auf dem Boden und lässt sich von der allgegenwärtigen Natur durchdringen.

Ein kreisförmiges Bauwerk auf Stelzen: der Svart. Quelle: https://www.letemps.ch

CO₂-Neutralität und eine Null-Abfall-Politik

Die Ringform entspricht aber auch besonders gut den lokalen Lichtverhältnissen und dem daraus resultierenden Energiebedarf. Dieser wurde im Rahmen einer Kartographierung des Verhaltens der lokalen Sonneneinstrahlung im Laufe eines Jahres ermittelt. Die Lage der Zimmer, Restaurants und Terrassen des Hotels wurden so berechnet, dass die Sonnenenergie optimal und entsprechend der Nutzung über den Tag und die Jahreszeiten hinweg genutzt werden kann.

In Norwegen hergestellte Solarpaneelen erzeugen Strom, der in das regionale Stromnetz eingespeist wird, wenn zu viel Strom produziert wird (vor allem in langen Sommernächten). Im Sommer schützen die Fassaden des Hotels vor zu viel Hitze, im Winter speichern sie die Wärmeenergie der Sonne. Die Wärmezufuhr wird durch Wärmepumpen ergänzt.

Materialien mit niedriger intrinsischer Energie (wie Holz) wurden verwendet, um den Powerhouse Standard zu erreichen. Dieser Standard für Energieeffizienz ist der höchste in den nördlichen Ländern. Powerhouse sind qualifizierte Gebäude, die mehr Energie produzieren als sie verbrauchen.

Das Earth Lab wird als Raum zur Sensibilisierung für Nachhaltigkeit dienen und Initiativen zum «Leben im Lebenszyklus» innerhalb und ausserhalb des Hotels vorstellen.

Dieses Verfahren ist ein Beispiel für das Bestreben, den Energieverbrauch zu senken und die Energieerzeugung in einer eher feindlichen, weil arktischen Umgebung zu autonomisieren. Der Verbrauch wird im Vergleich zum Durchschnitt moderner Hotels um 85 % gesenkt. Eine beispielhafte Sparsamkeit, die sich am Ende der Kette wiederfindet: Der Abfallanteil wird auf ein Minimum reduziert, und was nicht vor Ort wiederverwendet werden kann, wird mit Elektrobooten abtransportiert. Alles andere wird nach dem Prinzip «cradle to cradle» wieder in den hyperlokalen Produktions- und Konsumkreislauf integriert. Nach diesem Prinzip wird auch das Abwasser vor Ort gefiltert.

Dieses Fachwissen wird im Net Zero Lab des Six Senses regelmässig aktualisiert. Dieses Labor hat sich zum Ziel gesetzt, nachhaltige Praktiken und Technologien zu entwickeln, um zur Verbesserung der Standards in der Hotelbranche beizutragen. Dieser Inkubator wird auch für Besucher zugänglich sein, die neugierig auf die Bemühungen sind, die in diese Richtung unternommen werden.

Immersive und erholsame Erfahrungen

Die Dienstleistung «vom Bauernhof auf den Tisch» ist ein weiteres Beispiel für das Streben nach Autonomie, das die Manager des Hotels verfolgen. Durch den Einkauf von Lebensmitteln aus den örtlichen Gemeinden und die Verwendung lokaler Kräuter, Pflanzen und Meeresquellen für die Pflegeprodukte des Svart Spa wird jedes Erlebnis zu einer sinnlichen Erinnerung.

Darüber hinaus kann das kulinarische Erlebnis in eine therapeutische Behandlung umgewandelt werden, da das Menü entsprechend den Ernährungsbedürfnissen ausgewählt werden kann, die der Gesundheits-Concierge nach individueller Beratung feststellt. Die Alchemy Bar wird die althergebrachten Heilungstechniken der Region aufwerten. Mithilfe von tragbaren Geräten können die Gäste während ihres Aufenthalts die Entwicklung ihrer Gesundheitsdaten verfolgen.

Schliesslich können sich die Gäste im Experience Center entspannen, wo lokale Materialien dazu einladen, das natürliche Ambiente der umliegenden Orte zu entdecken.

Eventuell vorzeitige Eröffnung

Es sind mehrere virtuelle Veranstaltungen geplant, um das Svart-Projekt der ganzen Welt bekannt zu machen, ohne weiter auf die offizielle Eröffnung im Jahr 2024 warten zu müssen. Und wenn alles nach Plan läuft, könnte die Eröffnung auf Ende 2023 vorverlegt werden.

Titelbild: @https://www.luxe-infinity.com/vacances-voyages/sejours-destinations/six