Braucht die Schweiz eine Tourismusbank nach österreichischem Vorbild?
MarketingDie Tourismusbranche steht vor grossen Herausforderungen. Die jüngsten für den Tourismus relevanten Entwicklungen umfassen exogene Faktoren wirtschaftlicher Art (Wirtschaftskrise, starker Franken) aber auch endogene Faktoren im Bereich Raumplanung, namentlich die Annahme der Volksinitiative „Schluss mit uferlosem Bauen“. Vor diesem Hintergrund werden oft Stimmen laut, das Schweizer Modell zur Unterstützung der Tourismusbranche zu überdenken. Als Vorbild wird oftmals das österreichische Modell herbeigezogen. In Österreich existiert nämlich bereits seit 1947 eine sogenannte Tourismusbank, welche als nationale Anlaufstelle für Förderungen und Finanzierungen der Tourismus- und Freizeitwirtschaft fungiert. Auch in Frankreich wurde kürzlich die erste Tourismusbank eingerichtet. Die Initiative ging vom „Crédit agricole mutuel Pyrénées-Gascogne“ aus, welche die drei Departemente Gers, Hautes-Pyrénées und Pyrénées-Atlantiques umfasst.
Ein Postulat, welches im Juni 2012 auf nationaler Ebene eingereicht wurde, hat nun zum Ziel, auch für die Schweiz eine solche Tourismusbank zu errichten. Im Folgenden werden die beiden Modelle kurz vorgestellt und verglichen.
Das Schweizer Modell
Tourismusförderung des Schweizer Bundes
Die Tourismusförderung in der Schweiz ist auf nationaler Ebene im SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft) anzusiedeln. Innerhalb des SECO untersteht sie der Direktion für Standortförderung (DS). Auf Bundesebene stehen der Tourismusförderung die folgenden direkten Instrumente zur Verfügung: Innotour, Schweiz Tourismus und die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH).
Am 1. Februar 2012 traten die totalrevidierten Gesetzesgrundlagen über die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus (Innotour) in Kraft. Auf der Grundlage dieser Gesetze können Finanzhilfegesuche beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) eingereicht werden. Innotour ist national ausgerichtet und unterstützt somit nur Verbundprojekte von mehreren Unternehmen/Organisationen. Einzelbetriebliche Subventionen sind nicht möglich.
Schweiz Tourismus ist eine öffentlich-rechtliche Institution, welche als Marketing- und Verkaufsorganisation der Schweiz wirkt. Sie ist für die Ankurblung der Nachfrage für die Schweiz als Reise- und Tourismusland sowohl in der Schweiz als auch im Ausland zuständig.
Über die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) fördert der Bund die Schweizer Beherbergungswirtschaft. Die SGH gewährt in der Regel nachrangige Darlehen an Beherbergungsbetriebe (Eigentümer- und Mietbetriebe) in Tourismusgebieten und Badekurorten. Dazu gehören Hotels, Gasthöfe, Motels und Beherbergungsbetriebe der Parahotellerie und die dazugehörigen konzeptkonformen Grundstücke, Bauten, Räumlichkeiten, Installationen und Einrichtungen. Per 31.12.2012 verfügte diese öffentlich-rechtliche Einrichtung über zinsfreie Darlehen des Bundes im Umfang von rund CHF 235.7 Mio. Hinzu kommen ein Genossenschaftskapital von rund CHF 27 Mio. und Reserven (inkl. Gewinnvortrag) von rund CHF 14 Mio. Das Hauptgeschäftsfeld der SGH ist die Vergabe von zinsgünstigen Darlehen, Bürgschaften werden keine mehr gewährt. Ein zweiter Schwerpunkt der SGH ist deren Beratungsleistung. Dazu gehören Unternehmensbewertungen, Machbarkeitsstudien, Finanzierungsprüfungen, regionale Förderprogramme oder z.B. Gutachten im Bereich Lex Koller. Die SGH gestaltet geeignete Instrumente und fördert den Wissenstransfer zugunsten der Beherbergungsbranche.
Auf kantonaler Ebene werden oft im Rahmen der Regionalentwicklungspolitik zusätzliche Mittel für den Tourismus eingesetzt. Im Kanton Wallis beispielsweise reicht das Förderangebot für die Hotellerie von zinsgünstigen oder zinslosen Darlehen über Zinskostenbeiträge bis hin zu Beiträgen an externe Beratungsleistungen. Die rechtlichen Grundlagen bilden das Gesetz über die kantonale Wirtschaftspolitik vom 11. Februar 2000 sowie Art. 32 des Gesetzes über den Tourismus vom 9. Februar 1996. Am 13. Februar 2013 überwies der Walliser Grosse Rat aus den Reihen der CVP ausserdem ein Postulat mit dem Ziel der Errichtung eines kantonalen Fonds zur finanziellen Unterstützung der touristischen Infrastruktur. Dieser soll mit Geldern vom Kanton, aus den Gemeinden und der Kantonalbank versorgt werden, welche für den Bau und die Sanierung der touristischen Infrastruktur vorgesehen sind.
Das österreichische Modell
Tourismusförderung des österreichischen Bundes
In Österreich existiert seit 1947 eine sogenannte Tourismusbank zur Förderung und Finanzierung der Tourismus- und Freizeitwirtschaft auf nationaler Ebene.
Die Regelung von spezifisch tourismuswirtschaftlichen Bereichen ist in Österreich grundsätzlich Landessache. So verfügt jedes einzelne Land über ein eigenes Fremdenverkehrs- bzw. Tourismusgesetz.
Auf Bundesebene ist die Tourismuspolitik beim Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) angesiedelt. Das BMWFJ legt die strategischen Zielsetzungen der bundesweiten Tourismuspolitik und die konkreten Handlungsfelder und Zielsetzungen fest. Innerhalb des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend kümmert sich die Sektion III um das Themenfeld „Tourismus und historische Objekte“. Die Abteilung III/4 wiederum ist für die Tourismus-Förderungen zuständig und arbeitet eng mit der Tourismusbank (ÖHT) zusammen. Österreich Werbung ist die nationale Tourismusmarketingorganisation Österreichs. Sie finanziert sich aus öffentlichen Mitteln (Mitgliedsbeiträgen) und durch eigene Einnahmen.
Quellen für touristische Fördermittel in Österreich sind die EU, der Bund und die Bundesländer.
Auf EU-Ebene werden die touristischen Förderungen im EU-Strukturfonds und im Europäischen Landwirtschaftsfonds (Periode 2007-2013) mit den dazugehörigen Programmen geregelt. Auf Bundesebene wird die touristische Förderung über das BHG (Bundeshaushaltsgesetz), das KMU-Fördergesetz, das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz, die ARR (Allgemeine Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln) und Sonderrichtlinien gefördert. Ausserdem stehen Mittel aus den ERP-Fonds (European Recovery Program) zur Verfügung.
Auf Ebene der Bundesländer bestimmen die jeweiligen Tourismus-Gesetze und Richtlinien die Förderungsbedingungen.
Die österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) arbeitet eng mit dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend sowie dem Bundesministerium für Finanzen und den Bundesländern bzw. deren Fördereinrichtungen zusammen und übernimmt eine Koordinationsfunktion. Seit 2011 setzt die ÖHT einen neuen Schwerpunkt auf besonders innovative Tourismuskooperationen. Die Eigentümer der ÖHT sind die UniCredit Bank Austria AG, die Raiffeisen ÖHT BeteiligungsGmbH und die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG, welche die drei grössten Bankinstitute Österreichs darstellen. Die ÖHT verfügte per 31.12.2011 über ein Stammkapital von 11.6 Mio. Euro und ein Eigenkapital von 31.7 Mio. Euro. Wie bei der SGH steht auch bei der ÖHT die unterstützende Finanzierung mit zinsgünstigen Kreditmitteln im Zentrum. Die ÖHT führt Beratungsgespräche zu den Themen Investitionen und Finanzierung durch. Weitere Dienstleistungen der ÖHT sind Vorfinanzierungen von Exportforderungen und Softwareaspekte wie z.B. die Unterstützung von Kooperationen und Neustrukturierungen der Finanzierung von Tourismusbetrieben. Die Investitionstätigkeit der ÖHT verteilte sich im Jahr 2012 zu 87% auf die Hotellerie, zu 6% auf die Restaurants und zu 7% auf die touristische Infrastruktur. Analog zur SGH steht auch bei der ÖHT die Unterstützung von KMUs im Zentrum.
Seit dem 6. Mai 2013 gibt es zwei neue vom Wirtschaftsministerium in Zusammenarbeit mit den Bundesländern getragene Förderungsinitiativen für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Es können nun Einreichungen zum Übernehmerfonds und zur Bund-Länder-Innovationsmillion 2013 getätigt werden. Die Zielgruppe für den Übernehmerfonds sind Unternehmer-/innen, welche einen (elterlichen) Betrieb übernehmen bzw. Personen, welche einen Betrieb über eine Übernahmebörse erwerben. Innerhalb der ersten drei Jahre müssen allerdings Investitionen in qualitätsverbessernde Massnahmen realisiert werden.