"SMART" - die Destination von morgen: verbunden, informiert, individualisierbar

NouvelleTechnologie Etourisme Destination

Samstag, den 12. Januar 2019,  9.15 Uhr

Trotz ein wenig Dunst, der diesen Morgen über unserem Dorf am Ufer des Sees liegt, zeigt mir meine Webcam, dass in den Bergen über 1400 m die Sonne scheint. Wir sind keine Familie von Skifahrern, aber ich möchte zusammen mit meinen Kindern in der Höhe frische Luft tanken und mich mit ihnen entspannen. Wir machen diesen Ausflug also in unserem neuen Auto mitsamt den Schneeschuhen und einem Schlitten für die Kinder. Unsere gewohnte Skistation kann man nicht mit dem Zug oder einer Seilbahn erreichen. Zudem fahren die Busse am Sonntagmittag nur sehr sporadisch. Der Privatwagen ist also unsere einzige Alternative. 

Als wir losfahren, kommen wir auf der Talstrasse in einen Stau, weil der Schnee vom Vorabend noch nicht weggeräumt war. Nach einigen Kilometern geraten schon die ersten Touristen mit ihren Fahrzeugen in Schwierigkeiten: das Montieren der Schneeketten ist hier die einzige Möglichkeit, den ersehnten Urlaubsort zu erreichen. Dabei wird die Warteschlange der Autos bald einmal mehrere Kilometer lang und wir müssen uns wohl oder übel gedulden. Zweieinhalb Stunden später kommen wir endlich an unserem Ziel an. Es ist mittlerweile 13.30 Uhr und wir begeben uns zum Tourismusbüro, um uns nach dem Zustand der Schneeschuhwege zu erkundigen und in Erfahrung zu bringen, ob die Schlittenwege nach den Schneefällen vom Vorabend geöffnet sind. Allerdings ist das Tourismusbüro sonntags von 12.30 bis 16.30 Uhr geschlossen. Wir suchen also ein Internetcafé, um uns zu informieren. Nachdem wir einen grossen Teil des Orts zu Fuss abgelaufen sind, müssen wir feststellen, dass es so etwas hier nicht gibt. Ohne aufzugeben, nehme ich mein Smartphone und suche nach der WIFI-Verbindung der Station, weil meine 4G-Flatrate aufgebraucht ist – ohne Erfolg! Es ist nun bereits 14.30 Uhr und die Kinder sind hungrig und unruhig. Wir gehen in das nächstgelegene Restaurant, um etwas zu essen - auch in der Hoffnung, eine WIFI Verbindung zu bekommen. Kaum eingetreten kommt uns ein Kellner entgegen und teilt uns mit, dass die Küche gerade geschlossen habe und erst um 17.30 Uhr wieder öffnen werde.  Ok, wir haben einfach kein Glück hier und begeben uns zum nächsten Restaurant ... mit genauso wenig Erfolg. Schade, denn es ist mittlerweile bereits nach 15 Uhr und es bleibt uns keine Zeit mehr für Aktivitäten. Wir machen uns also wieder auf den Heimweg.

Diese Familie hat eine Station besucht, die noch nicht sehr „SMART“ ist! 

Entsprechend der in Kalifornien durch die "SMART communities" bereits kommunizierten Tendenz, die auch in der Europäischen Union seit dem Jahr 2010 unter dem Namen „SMART Cities“ eingesetzt wird und stark im Trend liegt, sind nun auch für den Tourismus angepasste Konzepte im Einsatz, die sich unter der Bezeichnung "SMART Destination" schnell verbreiten. Dieses Konzept zeichnet sich in Bezug auf die Herausforderungen unseres Zeitalters und die immer stärker vernetzten Kunden durch klare Leistungsansprüche aus. Hinter dieser etwas pompösen Bezeichnung verbirgt sich tatsächlich die für jede Situation notwendige Relation mit ihren sechs gemeinsamen Dimensionen: Bevölkerung, Wirtschaft, Regierung, Umwelt, Lebensraum und Mobilität.   

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Eine sehr konkrete Nachfrage führte dazu, dass die europäischen Städte ein starkes Label mit dieser Bezeichnung geschaffen haben. Es scheint nun für die touristischen Destinationen an der Zeit zu sein, ihre Entwicklung im Rahmen der vorgegebenen Kriterien zu überdenken und die „SMART“-Elemente in ihre Entwicklungsstrategien zu integrieren.

Dies ermöglicht es, die Zweckmässigkeit dieses Konzepts für die alpinen Destinationen zu studieren, um unsere Stationen auf das Niveau des 21. Jahrhunderts zu bringen und darüber hinaus vor allem auch die Erwartungen der immer wichtigeren „millennials“ Kundschaft zu erkennen. Mittels der Kreation eines vernetzten Konzepts in unseren Destinationen könnten wir Analyse- bzw. Vergleichspunkte einrichten, um prioritäre Entwicklungswege zu definieren. Und dies immer in Verbindung mit den erwähnten sechs untrennbaren Elementen! Unter Berücksichtigung der Resultate einer Umfrage, die wir kürzlich bei rund 50 touristischen Organisationen in der Schweiz durchgeführt haben, zeigt sich, dass noch ein weiter Weg zurückzulegen ist. Tatsächlich verfügen lediglich 2,6 % der befragten Stationen über einen flächendeckenden WIFI-Zugang und nur 18 % sind bereit, ihre Daten anderen touristischen Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Dennoch gibt es auch positive Signale. Annähernd die Hälfte der Befragten ist damit einverstanden Daten zu sammeln, die eine Segmentierung der Kundschaft ermöglichen. Zudem ist beinahe die Hälfte bereit, inskünftig Aktionen aus dem Bereich der „smart mobility“ vorzuschlagen.

Nur zu oft führen erzielte Erfolge und gute Erfahrungen dazu, dass man sich auf einer trügerischen Sicherheit ausruht, was auf Dauer verheerend sein kann. Die Realität der 70er und 80er Jahre wird nicht diejenige der kommenden Jahre sein. Die touristischen Produkte müssen sich im Sinne der neuen Technologien, der ökologischen und demografischen Herausforderungen sowie der Mobilität entwickeln. Das Konzept konzentriert sich auf die Organisation und auf die von einer touristischen Destination angebotenen Dienstleistungen sowie auf das Informations- und Datenmanagement. Letzteres, das allgemein ganz einfach „Data“ genannt wird, stellt einen Schlüssel zum Erfolg für die Gewinnung zukünftiger Marktanteile und die Zufriedenheit der Benützer einer gemeinsamen Öffentlichkeit dar. Die Idee will auf keinen Fall verleugnen, was bisher den Erfolg einer Region oder die Traditionen und Werte ausmachte, sondern diese Erfahrungen in den Mittelpunkt einer modernen Entwicklung stellen. Wie kann man den Erwartungen der Kunden, die überinformiert und ultravernetzt sind, gerecht werden und trotzdem weiterhin Raclette, das Matterhorn und Fendant verkaufen. Sind diese Elemente überhaupt kompatibel? Wir werden diese Frage natürlich mit „Ja“ beantworten und uns vorstellen, wie man den Zugang zu diesen Informationen, diesen Produkten und ihren Werten für jedermann erleichtern kann: einen Zugang, der nicht nur physisch, sondern über die Digitalisierung der Daten auch virtuell ist und aufgrund der personalisierten Bedürfnisse erfolgt.

Heute ist klar, dass diese neuen Technologien auch neue Erwartungen kreiert haben. Ganz besonders jene, die mit der Individualisierung und der Personalisierung der Information und den Dienstleistungen verbunden sind. Die Destinationen, die sich inskünftig profilieren können, werden jene sein, die in der Lage sind, mit all diesen personalisierten Informationsquellen umzugehen, die Risiken voraussehen und - wenn nötig - schnell handeln. Es geht darum, Verkehrsprobleme vorauszusehen, das Unterhaltungsangebot in Abhängigkeit mit dem Wetter anzupassen, die Öffnungszeiten der Geschäfte entsprechend der Bedürfnisse und der Frequentierung anzugleichen, eine effiziente Preisgestaltung umzusetzen, auf eine Ergänzung der Dienstleistungen zu achten, die Flächennutzung zu planen usw. Dies sind alles Herausforderungen im Umkreis der Gemeinden und der Verantwortlichen der Destinationen. Die Welt verändert sich, die Kunden verändern sich, verändern wir uns mit ihnen!

Um sich diesen Wandel besser vorstellen zu können, zeigen wir anhand eines Beispiels auf, wie sich eine der führenden europäischen Städte daranmacht, den immer grösser werdenden Strom der Menge zu managen. Amsterdam Marketing hat sich zum Ziel gesetzt, aus der städtischen Region von Amsterdam eine der fünf attraktivsten Zonen Europas für die Bewohner, die Besucher und die Geschäfte zu machen. Mit dem Anspruch für das Wohlbefinden sowohl der lokalen Bevölkerung als auch der touristischen Besucher zu sorgen, hat Amsterdam Marketing das Programm „soul oft the city“ mit einem individualisierten Slogan „I amsterdam“, der für alle adaptiert ist, ins Leben gerufen! Dieses Programm geht von dem Prinzip aus, dass es nur durch Bewahrung der Harmonie zwischen den Bewohnern, den Geschäften und den Besuchern möglich ist, den „Esprit“ von Amsterdam zu bewahren. Seine Marketingstrategie geht von den folgenden zwei Prinzipien aus:

  • Um dafür zu sorgen, dass die Besucher (und die Bewohner) glücklich sind, müssen die Touristen in Zeit und Raum besser aufgeteilt werden.
    Die Idee einer Quotenregelung für externe Personen im Stadtkern oder der Aufteilung der Besucherbewegungen, entsprechend den beliebten Fixpunkten, wird gerade erforscht. Diese Initiative befasst sich mit der Möglichkeit, ausserhalb des Geschäftssektors das „vield management“ einzuführen und es auf dem betroffenen Gebiet zu integrieren. Ein Versuch, der auch unsere grossen Skigebiete interessieren dürfte - und wenn es nur darum ginge, die Zufriedenheit der Benützer und auch das Niveau der Sicherheit zu verbessern.
  • Die Stadtbehörden haben eine zunehmende Unzufriedenheit bei den Einheimischen im Zusammenhang mit überfüllten öffentlichen Transportmitteln, Wartezeiten in den Geschäften oder bei den Attraktionen der Stadt festgestellt. Die Zielsetzung orientiert sich erneut an der Zufriedenheit aller, aber auch an der Berücksichtigung der lokalen Interessen, was eine Innovation bei der Wahrnehmung und der Promotion eines Orts und der Zufriedenheit der Kunden darstellt.

I Amsterdam