Die Wanderkundschaft
Studie zur «Via Francigena» und «Grande Traversée du Jura (GTJ)» im benachbarten Frankreich
Im Sommer 2019 führte Doubs Tourismus in Zusammenarbeit mit der Grande Traversée du Jura (GTJ) eine Umfrage über die Kundschaft durch, die auf der GTJ-Route und der Via Francigena Wanderungen unternimmt, den zwei wichtigen Routen, die das französische Territorium in der Nähe des Schweizer Juras durchqueren. Eine verbesserte Kenntnis der Kundschaft ist unerlässlich, um «Möglichkeiten zur Anpassung bestehender Unterkunftseinrichtungen vorzuschlagen oder die Schaffung zukünftiger Unterkünfte zu fördern». Es mangelt dabei nicht nur an Wissen über die Dienstleistungen rund um diese beiden Hauptrouten, sondern auch an Erkenntnissen zur Struktur der Unterkünfte und den Erwartungen der Kundschaft. Eine ausführliche Studie versucht, hier Abhilfe zu schaffen.
Die Via Francigena im Wallis
Diese Studie dürfte auch für alpine Destinationen wie das Wallis von Interesse sein, da die Via Francigena das Wallis durchquert, mit prestigeträchtigen Zwischenstopps in der Abtei von Saint-Maurice oder dem Hospice du Grand Saint-Bernard auf dem gleichnamigen Pass. Denn das «Fernwandern», also das Wandern über mindestens eine Woche, ist eine neue Art ein Gebiet zu entdecken. Dies ist ein wichtiger Trend, über den das Walliser Tourismus-Observatorium bereits mehrfach berichtet hat. In der Tat sind die grossen Wanderrouten inzwischen zu eigenständigen Zielen geworden.
Hier werden einige der Highlights der Studie vorgestellt, die in vier Teile gegliedert ist:
- Das Profil des Wanderers
- Die Wahl der Unterkunft und die Konsumgewohnheiten
- Von Kunden erwartete Dienstleistungen
- Die allgemeine Meinung zur Kundenerfahrung
Anbieter von Unterkünften im Mittelpunkt der Wanderroutennetze
In den letzten Jahren hat sich eine neue Kategorie von Wanderern gezeigt: Es handelt sich dabei um «kontemplative» Wanderer, die zum Vergnügen, zur Entspannung und zur Entdeckung der Natur unterwegs sind. Diese Möglichkeit ist nun auch für Familien zugänglich. Noch vor zehn Jahren war diese Kundschaft eher der sportlichen Sparte zuzuordnen.
Die Wanderer sind bereit, von einer Etappe zur anderen 20 Kilometer pro Tag zu gehen und dies bei einer insgesamten Reisedauer von zwei bis drei Wochen. Die meisten Wanderer suchen sich eine Unterkunft im Umkreis von zwei Kilometern um die Route. Dieser Wandertyp unterscheidet sich vom «klassischen» Wanderer dadurch, dass er sein Hab und Gut mittragen muss, und daher während der gesamten Strecke ein grosses Interesse an dem Angebot eines Transportdienstes für das Gepäck von einer Etappe zur nächsten besitzt. Beherbergungsbetriebe bilden das wesentliche Bindeglied in dieser Kette von Dienstleistungen. Damit diese Dienstleistung funktioniert, müssen sich die Unterkunftsanbieter untereinander solidarisch zeigen. Wenn nämlich ein Wanderer von einer Unterkunft enttäuscht ist, werden auch die anderen Unterkünfte darunter leiden müssen.
Einzelzimmer und Restauration am Abend
Heutzutage bevorzugen Wanderer Einzelzimmer mit sanitären Einrichtungen. Bed and Breakfasts sind ebenfalls beliebt, aber auch die Alternative «Camping» oder «Biwak» sollte nicht übersehen werden. Dies gilt besonders für die Kunden unter 30 Jahren. Darüber hinaus wird in Betracht gezogen, Biwaks in Sektoren einzurichten, die in Bezug auf die Unterbringung "fragil" sind. Viele Wanderer üben ihre Passion alleine aus und wollen deshalb, wenn es abends Zeit zum Essen ist, nicht alleine am Tisch sitzen. Auch hier kommt dem Gastgeber eine wichtige Rolle bei der Begrüssung seiner Gäste zu. Es gilt zu beachten, dass die Möglichkeit, vor Ort zu essen die Entscheidung für die Buchung einer Unterkunft beeinflusst. Auch ein Mittagsangebot oder ein Lunchpaket kann daher bei der Reservierung ausschlaggebend sein.
Mai und Juni: Die beliebteste Reiseperiode
Diese Kundschaft stellt ihre eigenen Anforderungen an die Termine und Öffnungszeiten der Unterkünfte. Ausserdem fordern sie von den Unterkunftsanbietern grosse Flexibilität, insbesondere im Hinblick auf abendliche Ankünfte. Die beliebteste Zeit für Fernwanderungen ist das späte Frühjahr, also Mai-Juni, dicht gefolgt von September-Oktober und dann an dritter Stelle Juli-August. Leider sind die Kunden der Meinung, dass die Verfügbarkeit von Unterkünften im Mai-Juni und September-Oktober noch zu gering ist.
Personalisierte Dienstleistung: Schlüsselrolle beim Gastgeber
Die Wanderer suchen von Beginn der Reise an einen «engen Kontakt» mit dem Unterkunftsanbieter, d. h. schon zum Zeitpunkt der Reservierung (Website oder per Telefon), die sechs Monate im Voraus erfolgt. Sie haben das Bedürfnis sich auszutauschen und wollen im Wandergebiet nicht völlig fremd sein. Sie legen grossen Wert auf die persönliche Beratung des Gastgebers, nicht nur über die Schwierigkeiten der Reiseroute, sondern auch über die Sehenswürdigkeiten der Route bzw. die zu besuchenden Natur- oder Kulturstätten. Die mitgelieferte Wanderkarte ist ein «must».
Wie man aus dieser Studie ersehen kann, ist das Wandern ein grundlegender Trend, bei dem die Menschen mehr wollen als nur Ruhe und schöne Landschaften. Sie erwarten auch ein Beherbergungsangebot mit einer angepassten Dienstleistung auf der gesamten Strecke. Diese Vorstellung des Empfangs und des Austauschs mit den Einheimischen ist auch eine der Top-3-Motivationen dieser Wanderer.
Aufbau eines echten «Wander-Netzwerks»
Abschliessend sprechen sich die Autoren der Studie und das Management der Destination für den Aufbau eines echten «Wander-Netzwerks» aus. Die nächste Phase des Projekts besteht darin, den derzeitigen Unterkunftsanbietern und zukünftigen Projektleitern eine Reihe von Spezifikationen zur Verfügung zu stellen, damit sie wissen, was diese Kundschaft erwartet. Um zukünftigen Gastgebern zu helfen, wird eine Unterstützung für die Durchführbarkeit von Projekten vorgeschlagen. Trotz der aktuellen globalen Krise sind einige der Meinung, dass man sich nicht davor scheuen sollte, sich für den Bau oder die Renovierung einer Wanderunterkunft zu engagieren. Die Nachfrage ist da und sie wird mit der Pandemie nicht verschwinden, ganz im Gegenteil...
Referenzen
Doubs tourisme, le blog pro (2020). Etude : Doubs Tourisme et la GTJ dressent le portrait des randonneurs pédestres itinérants. Lire.
Doubs Tourisme, Grande Traversée du Jura GTJ ; Agence nationale de la cohésion des territoires (2020). La clientèle de randonnée pédestre itinérante. Profils consommateurs et attentes. Enquête 2019, 24 p. Disponible ici.
Randonnée pédestre itinérante : enquête sur la structuration des hébergements. Vidéo de 18 minutes sur you tube, publiée le 18 janvier 2021.
Titelfoto : Valais / Wallis Promotion – Christian Perret