Mullerthal Trail in Luxemburg: Wanderweg mit Gütesiegel und wissenschaftlichem Monitoring

Nature Randonnee

Wie jedermann weiss, bleibt die Vernetzung von Tourismusakteuren mit dem Ziel, sich für ein allgemeines Produkt einzusetzen, eine fundamentale Herausforderung. Der Zusammenschluss der Fachleute auf der Suche nach einer Marke könnte in diesem Zusammenhang ein möglicher Antriebsmotor sein. In Luxemburg hat sich diese Strategie bei der Lancierung des Wanderweges  „Mullerthal Trail“, den man in 6 Etappen absolvieren kann, bezahlt gemacht. Dieser Wanderweg hat das prestigeträchtige europäische Label – Leading Quality Trails – Best of Europe – erhalten, denn neben natürlichen Wanderwegen, den schönen Aussichtspunkten, den natürlichen und kulturellen Attraktivitäten und einer effizienten Markierung bietet der „Mullerthal Trail“ ein echtes Angebot an Unterkünften mit ausgezeichneten Gastwirten und das Ganze ist alles mit einem einzigen Mausklick erreichbar. 

Balisage1

Die Frage der Verfügbarkeit ist entscheidend

In Luxemburg hat sich der Staat um den Prozess zur Erlangung des Gütesiegels gekümmert und nicht das lokale Verbandsmilieu, wie es in Frankreich beispielsweise üblich ist, erklärt Sandra Bertholet vom regionalen Tourismusbüro von Mullerthal, die nicht zögert vom Wandern als einem wirtschaftlichen Produkt zu sprechen. Ein Produkt ohne Preis kann tatsächlich nicht verkauft werden und ohne Produkt ist übrigens weder eine effiziente Promotion noch ein Verkauf auf dem internationalen Markt möglich. Und genau darum war die Frage der Erlangung des Gütesiegels für die Akteure der Region Mullerthal, die auch die kleine luxemburgische Schweiz genannt wird, entscheidend. Was nützt allerdings ein gut markierter Wanderweg, wenn Hoteliers und Gastwirte nicht bereit sind, die Wanderer zu empfangen? Die Frage der Verfügbarkeit der Dienstleistung ist also fundamental. Es geht darum, Wanderer in verschmutzten Sandalen zu empfangen, nasse Regenmäntel zu akzeptieren, den Wanderern die Möglichkeit zu geben, sich manchmal zu ungewöhnlichen Zeiten zu registrieren, sie frühmorgens zu verpflegen und dies alles mit einem Lächeln im Gesicht…

Der „Mullerthal Trail“ zeigt sich also als regionales Produkt, das ganz von vergleichbaren Initiativen in Deutschland oder Österreich, den unbestrittenen Marktführern des Öko- und Naturtourismus in Europa, inspiriert ist. Die Region Mullerthal hat mit Förstern und den lokalen Vereinen zusammengearbeitet, um die Realisierung dieses Trails zu ermöglichen. Die ganzen auf Bäume gemalten Markierungen wurden von denselben Personen vorgenommen und im Rahmen von sozialer Wiedereingliederung durchgeführt.

 Balisage2

Wissenschaftliches Monitoring: eine Conditio sine qua non für den Erfolg des Produktes Wanderweg

Seit dem Erhalt des Gütesiegels wurden als weiterer innovativer Aspekt des Projekts ein wissenschaftliches Monitoring der Frequenzen und eine Analyse des Profils der Gäste, die den Weg laufen, aufgebaut. Sandra Bertholet vertritt die Ansicht, dass es sich die Welt des Tourismus heutzutage nicht mehr leisten kann, auf eine professionelle Überwachung ihrer Produkte zu verzichten. Es handelt sich dabei gleichermassen um die Glaubwürdigkeit gegenüber den lokal eingesetzten Personen wie auch um die Wirksamkeit des Managements der Tourismusabläufe.

Auf den 6 vorgeschlagenen Etappen des „Mullerthal Trail“ wurden deshalb 6 Sensoren zum Messen der Frequenzen installiert, die in Echtzeit die Daten via Handy übermitteln. Die erwähnten Messungen wurden durch eine gründliche Umfrage bei den Wanderern, die den Weg benützen, vertieft. Die ersten vollständigen Resultate konnten für 2015 ermittelt werden. Zu allererst muss erwähnt werden, dass die Sensoren im Januar und Februar eine bedeutende Besucher- Frequentierung registrieren konnten, und dies in einer Jahreszeit, in der alle Unterkünfte geschlossen waren! Der Monat Mai war – zur glücklichen Überraschung aller – ebenfalls ein erfolgreicher Monat. Schliesslich haben die qualitativen Befragungen zahlreiche Elemente zum besseren Verständnis der Kunden an den Tag gelegt. Das sind entscheidende Informationen, die für die Durchführung eines zielgerichteten Marketings dieses Produkts notwendig sind.

Die Umfrage hat auch ergeben, dass 40 % der Wanderer sich in den Kopf gesetzt haben, den „gesamten“ Parcours zu absolvieren. Die restlichen 60 % (40 % von ihnen sind Familien) sind Besucher, die täglich ein Teilstück mit dem Fahrrad fahren oder zu Fuss gehen. Was die Herkunft der Besucher betrifft, benützen viele deutsche Wanderliebhaber den „trail“, die den Wert des Gütesiegels zu schätzen wissen.  Diese Kundschaft benützt die Unterkünfte und geniesst gehobene Gastronomie. Für die Akteure von „Mullerthal Trail“ sind demnach vorerst die Deutschen das künftige Zielpublikum für ihre Marketing Aktionen. Bei der Feldumfrage konnte ein weiteres wichtiges Element ermittelt werden: 85 % der Wanderer folgen genau dem markierten Weg. Es sind jedoch auch diejenigen zahlreich, die andere kleine lokale Wanderwege benützen. Der „Mullerthal Trail“ spielt also auch die Rolle eines regionalen Alleinstellungsproduktes. 

Marche 3

Wirtschaftlicher Einfluss der Wanderer

Heutzutage begnügt sich der Wanderer nicht mehr damit, einfach zu wandern! Er besucht touristische Attraktionen, profitiert von der Gastronomie, interessiert sich für die Kulturgüter und für die lokale Kultur. Diese Kundschaft ist aufgrund ihres Ausgabeverhaltens ausserordentlich interessant (110 € pro Tag für die Anhänger des grossen Parcours auf dem „Mullerthal Trail“). Zudem übernachten die Wanderer länger: insgesamt sind es durchschnittlich 5 Nächte gegenüber lediglich 2 Nächten bei den „allgemeinen“ Touristen. Die Initianten hoffen, dass sich die Gastwirte inskünftig noch mehr mit den Wanderprodukten identifizieren und dass sie sich an die Bedürfnisse dieser Kunden anpassen. Diese Aufgabe wird 2017 im Mittelpunkt der Erneuerung der Zertifizierung stehen.

Quellen:

6es assises nationales des randonnées et activités de pleine nature, Saverne, 26-27 avril 2016. Atelier 2 « Mise en réseau et promotion à l’international ». Présentation de Mme Sandra Bertholet, Office régional du Tourisme Mullerthal Luxembourg, «  La mise en réseau et la labellisation européenne du Mullerthal Trail : quelles sont les retombées économiques ? »