Wie entwickelt sich der Tourismus in den französischen Bergen?
SportDHiver FranceErste Ergebnisse einer Untersuchung von „Atout France“
Am 19. Januar fanden in Chambéry (französische Alpen) im Rahmen von „Rencontres du Grand Ski“ Gespräche am Runden Tisch statt. Dabei befasste man sich näher mit der Zusammensetzung der touristischen Kundschaft in den französischen Berggegenden. Luc Fournier, der bei „Atout France“ für die Entwicklung zuständig ist und die Delegation „Montagne“ vertritt, stellte erste Ergebnisse einer Untersuchung vor, die sich auf ein Panel wichtiger französischer Tourismusorte in den Bergen und auf den Zeitraum 2008-2013 abstützt (Studie CONTOURS/Atout France/DGE).
Die vorgestellten Ergebnisse betrafen insbesondere das Segment der Familien und der jungen Leute, ein sehr wichtiges Kundensegment für den gegenwärtigen Skisportmarkt. Diese Ergebnisse dürften auch für die Walliser Skigebiete interessant sein, da sie mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben wie die Freunde – und Konkurrenten – im grenznahen Frankreich.
Rückgang der Kundschaft bei den französischen Familien / Zunahme bei den Familien aus dem Ausland.
Zuerst hält die Studie fest, dass französische Familien mit Kindern deutlich weniger oft in die Berge fahren; gerade diese Familien fallen aber stark ins Gewicht, denn sie machen in den französischen Gebirgstourismus-Orten jede zweite Hotelnacht aus. Ein anderes Kundensegment nimmt zu, nämlich die Familien aus dem Ausland, die einen Drittel der gesamten internationalen Kundschaft darstellen. Bei den französischen Familien erweisen sich diejenigen am standhaftesten, die (1) über ein relativ hohes Einkommen verfügen (> 6000 Euro/Monat) und (2) ihre Unterkunft direkt bei Privaten mieten oder für ihre Unterkunft nichts bezahlen müssen.
Kultur des Skisports in Gefahr?
Genau wie in der Schweiz wirft die Abnahme im Segment der Familien auch in Frankreich die Frage nach dem Nachwuchs bei den Skifahrern auf. In der Schweiz versucht man, Familien ins Skigebiet zu locken, indem man für Familien vergünstigte Preise anbietet bzw. Kinder bis neun Jahre gratis auf die Anlagen lässt. Diese Initiative hat aber vielen Schweizer Anbietern nicht den erhofften Erfolg gebracht. Allen Anstrengungen zum Trotz: Die Jugend – die Zukunft für das Alpinskifahren – kehrt den Latten zunehmend den Rücken. Die eingesetzte Strategie zeigt also keine Wirkung; sie vermag keine neuen Skifahrer zu begeistern. Ist also die Kultur des Skisports gesamteuropäisch in Gefahr? Auch der Schulferienkalender wäre somit nicht das Problem. Ihn zu ändern würde auch nichts nützen: Der Nachwuchs bei den Skifahrern liesse trotzdem auf sich warten.
3,5 Monate Skisaison statt 5 Monate wie früher?
Aus der Studie geht ebenfalls hervor, dass die französischen Familien insbesondere im Frühjahr nicht mehr Ski fahren. Im Frühling ist die Abnahme besonders stark: -73% bei den Skifahrertagen und -66% beim Umsatz (Entwicklung von 2008 bis 2013). Die Wintersaison wird für die Betreiber also immer kürzer: Von ursprünglich fünf Monaten bleiben noch ungefähr dreieinhalb Monate.
Untersucht man die Kundensegmente, die von der Erosion im April betroffen sind, stellt man fest, dass es Unterschiede gibt. So hat zum Beispiel die Kundschaft aus dem Grossraum Paris mit -79% bei den Skifahrertagen in den Frühlingsferien stärker abgenommen als der Gesamtdurchschnitt der französischen Kunden, der bei „bloss“ -65% liegt (Entwicklung von 2008 bis 2013). Bestimmt ist die zunehmende Konkurrenz von Tourismusangeboten in den Städten und am Meer, vor allem im April, Teil der Erklärung. Aber auch andere Faktoren dürften dazu beitragen, dass die Skiorte am Ende der Saison nicht mehr so gefragt sind. Es seien genannt:
- Die Kurzaufenthalte im Dezember nehmen zu: Kunden aus der Umgebung gehen vermehrt opportunistisch vor, d.h. sie entscheiden sich kurzfristig dann, wenn die Umstände am günstigsten sind (optimale Schneeverhältnisse, schönes Wetter, wenig Leute auf der Piste und ein gutes Preis-Leistungsverhältnis);
- Januar bis März gilt als die Zeitspanne mit den besten Aussichten in Bezug auf Schneesicherheit; anders gesagt: das Risiko, keinen Schnee zu haben, ist dann am geringsten, was das Buchungsverhalten beeinflussen dürfte;
- Die Kommerzialisierung von Weihnachts- und Januarferien auf dem internationalen Markt ist dem Skiangebot in den Bergen abträglich;
- Schliesslich sind auch die Medien nicht unschuldig: Sie richten vor allem im Winter und zu Beginn der Skisaison ihren Fokus auf die Berge, vernachlässigen aber das Ende der Saison, was sich ungünstig auswirkt.
Kommunikationsoffensive: Warum nicht am 1. Frühlingstag den „Skifrühling“ feiern?
Die Teilnehmer am Runden Tisch empfahlen eine gezielte Offensive im Bereich Kommunikation, und zwar am 20. März. Man solle nicht länger vom Saisonschluss reden, der eine negative Assoziation auslöse. „Skifrühling“ wäre der bessere Begriff. Eine positive Kommunikation zum Thema Ski solle mit einem breiteren Angebot gepaart werden. Eine solche Werbekampagne hätte wenigstens den Vorteil, die Stimmung zu heben.
Titelbild © Etat du Valais. François Perraudin