Der chinesische Tourist in der Schweiz und im Wallis über BIG DATA erfasst
SegmentDeClientele ChineDie Schweiz ist eine attraktive Destination für die Chinesen, die sich für Europa interessieren. 2012 lag sie an dritter Stelle, gleich hinter Frankreich und Italien. Jedes Jahr besuchen Hunderttausende von Chinesen die Schweiz, die mit ihren Bergen, Chalets und luxuriösen Geschäften hoch im Kurs liegt. Chinesen orientieren sich offensichtlich gerne an klischeehaften Vorstellungen. 2012 haben die chinesischen Touristen beispielsweise 3 Milliarden Schweizer Franken für Luxusgüter und Souvenirs ausgegeben.
Selbstverständlich verhalten sich nicht alle chinesischen Touristen gleich. Der chinesische Quellmarkt ist alles andere als einheitlich und was die Destinationsziele der Chinesen betrifft, ist es notwendig Markt für Markt bzw. Stadt für Stadt unabhängig voneinander zu betrachten, um sich den chinesischen Bedürfnissen anpassen zu können und um nicht dem Fehler zu verfallen, das „Reich der Mitte“ als einen einzigen globalen Markt wahrnehmen zu wollen.
Erwartungen und Erfahrungen der chinesischen Touristen auf der Durchreise durch die Schweiz und das Wallis wurden über „data mining“ genauer unter die Lupe genommen. Die Analyse, die durch Li Z. Shan und seinen Kollegen im Institut für Wirtschaftsinformatik an der HES-SO Wallis/Valais durchgeführt wurde, beruht auf 103'778 Weibo Mitteilungen, die vom Januar 2013 bis April 2015 durch insgesamt 40'708 Benutzer gepostet wurden.
Wer sind sie?
Ungefähr 20 % dieser 40'708 Benützer waren Frauen. Während den letzten drei Jahren ist die Anzahl der Userinnen von Weibo um 10 % angewachsen, was verdeutlicht, dass dieses Medium ganz klar von den Frauen bevorzugt wird.
Die Stichprobe zeigt auch auf, dass die Benützer von Weibo, die in die Schweiz reisen, mit einem durchschnittlichen Alter von 25.8 Jahren, eher jung sind. Mehr als 87 % der gesamten User waren zwischen 16 und 35 Jahren alt. Beim Versuch ein demografisches Profil der User zu zeichnen, stösst man allerdings an Grenzen, weil nicht alle bereits sind ihr Alter mitzuteilen: 30 % der Benützer zeigten sich nicht bereit diese Information mitzuteilen. 2013 lag die wichtigste Altersgruppe zwischen 26 und 35 Jahren. Ein Jahr später lag das Alter dieser wichtigsten Gruppe zwischen 26 und 25 Jahren.
Alter der User von Weibo von 2013 – 2015* (während ihrer Reisen in der Schweiz)
Anmerkung: *bis April 2015
China ist ein sehr grosses Land, das in Regionen aufgeteilt ist, deren kulturellen Eigenheiten sehr unterschiedlich sind. Die drei wichtigsten Quellmärkte der chinesischen Touristen in unserer Stichprobe sind, in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit, Beijing, Shanghai und Guangdong. Die übrigen wichtigen Provinzen, auch durchwegs dicht bevölkert und wirtschaftlich gut entwickelt, sind Jiangsu, Zhejiang, Sichuan, Chongqing et Tianjin. Eine Analyse der Tendenzen verdeutlicht, dass die Anzahl der Besucher von Beijing, Shanghai und Guangdongs rückläufig ist, auch wenn diese drei Regionen sich weiterhin an der Spitze dieser Klassierung befinden. Diese Tendenz zeigt aber auch auf, dass immer häufiger Chinesen aus anderen Regionen die Schweiz bereisen, was eine Reflektion der aktuell stattfindenden Diversifizierung dieses grossen Quellmarktes ermöglicht.
Häufig benützte Schlüsselbegriffe
Auf der Basis der Erscheinungsfrequenz bestimmter Wörter in der Stichprobe von 2013 bis 2015, wurden die 30 am häufigsten erwähnten Begriffe herausgearbeitet. Einige erscheinen nur 2015, wie zum Beispiel WeChat, Montreux, watch et school. Aktuell wird Weibo, das rückläufige User-Zahlen aufweist, von seinem Konkurrenten WeChat bedrängt. Der Begriff Montreux scheint an Attraktivität zu gewinnen, obwohl der Besuch dieser Destination nicht in der Agenda der organisierten Touren der Reiseagenturen vorgesehen ist. Watch und school, zwei weitere neue Schlüsselbegriffe, zeigen das Interesse der Chinesen für Schweizer Uhren und das Bildungssystem in unserem Land auf. Andere Wörter haben an Wichtigkeit gewonnen, erscheinen aber mit relevanten Unterschieden bezüglich der untersuchten Jahre. Snow war zum Beispiel 2013 an sechster Stelle platziert, fiel dann 2014 auf den 10. Rang zurück, um 2015 wieder auf den achten Platz aufzusteigen. Hat dieses Phänomen vielleicht mit den sehr unausgeglichenen Schneeverhältnissen zu tun?
Erster Besuch, mehrere Besuche
Die Karte präsentiert die schweizerischen Orte, die von den Chinesen während der Analyse-Periode von 2013 bis 2015 besucht wurden. Die Lokalisierung der Nachrichten wurde in zwei Typen unterteilt: den Besucher, der unser Land das erste Mal entdeckt, oder den „treuen“ Besucher, der die Schweiz bereits zum wiederholten Mal besucht. Die Karte zeigt auf, dass sich die Erstbesucher in erster Linie für die bekannte Destinationen wie Zürich, Luzern, Interlaken, Bern, Lausanne und Genf interessieren. Die „mehrfach Aufenthalter“ schätzen den Besuch dieser beliebten Städte auch, aber sie interessieren sich zudem auch dafür andere Orte, die ausserhalb der grossen Besucherströme liegen, zu entdecken. Die Chinesen, welche die Schweiz wiederholt besuchen, sind vorwiegend individuell Reisende, denn die organisierten Touren richten sich immer nach den bekanntesten Hauptattraktionen.
Wertvolle geolokalisierte Daten
Diese präzisen Informationen zur Lokalisation der chinesischen Touristen können den touristischen Dienstleistern (Hotels, Restaurants, Souvenirläden usw.) qualitativ hochstehende Informationen liefern, die den konkreten Erwartungen der chinesischen Touristen entsprechen. Diese Daten dürften auch für die Manager der touristischen Destinationen sehr nützlich sein, damit sie die Schlüsselfaktoren, die das Reiseverhalten der chinesischen Touristen in der Schweiz beeinflussen, festlegen können.
Referenzen
Demonstrationsprojekt: http://vmhwebsem.hevs.ch:8887/swicico/
Liu, Z., Shan, J., Glassey Balet, N., and Fang, G. (2016). Semantic social media analysis of Chinese tourists in Switzerland. Information Technology & Tourism, 16(4). doi:10.1007/s40558-016-0066-z
Switzerland Tourism (2013). Research Report China: Market Analysis and Insight. http://www.stnet.ch/files/?id=63853 Accessed 01 November 2014