Rethinking Sustainability: Eine Bewertung des Potenzials der regenerativen Gastfreundschaft in der Schweizer Hotellerie

Einleitung

Im Rahmen ihres Bachelorstudiums in Tourismus hat Carmen Rosat, Studentin an der HES-SO Valais/Wallis, das Konzept der Regeneration in der Schweizer Hotellerie untersucht. Zu diesem Zweck wurden sechs halbstrukturierte Interviews mit Schweizer Hoteliers aus unterschiedlichen Bereichen (Hotelkategorie, geografische Region, Nachhaltigkeitszertifizierungen/-labels) durchgeführt. Diesen Interviews folgte eine vergleichende Analyse von regenerativen Hotels weltweit, die sich selbst als solche bezeichnen. Die Analyse der Transkripte und die Ergebnisse der vergleichenden Analyse ermöglichen die Beantwortung der Forschungsfrage, die dieses Projekt geleitet hat: Wie gehen Schweizer Hoteliers mit der Idee der regenerativen Gastfreundschaft und ihrem Potenzial um?

 

Aktuelle Situation

Nachhaltigkeit ist seit der Veröffentlichung des Brundtland-Berichts im Jahr 1987 ein sehr präsentes Thema in der heutigen Gesellschaft und in der Hotellerie, das in jüngster Zeit durch die ernste Klimasituation noch an Bedeutung gewonnen hat. Regeneration berücksichtigt alles, was die Nachhaltigkeit seit Jahrzehnten fordert, insbesondere deren drei Säulen (ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit), stellt sie aber in Frage, da es viele Anzeichen dafür gibt, dass dies nicht mehr ausreicht. Wie kommen wir weiter? Was sind die nächsten Schritte? Wie können wir sie erreichen und welche Herausforderungen müssen wir auf dem Weg dorthin bewältigen? Vor diesem Hintergrund entstand diese Arbeit.

In diesem Zusammenhang ist Regeneration (resp. Regenerative Hospitality) ein Konzept, das über Nachhaltigkeit hinausgeht und sicherstellen soll, dass Tourismus und Gastgewerbe greifbare und positive Vorteile für Menschen, Orte und die Natur bringen. Dies beinhaltet die Unterstützung der langfristigen Erneuerung sozialer und ökologischer Systeme durch die Integration von Praktiken, die aktiv zur Wiederherstellung und Verbesserung lokaler Gemeinschaften und der Umwelt beitragen.

“At its simplest, regenerative tourism seeks to ensure travel and tourism delivers a net positive benefit to people, places and nature, and that it supports the long-term renewal and flourishing of our social and ecological systems” (Dredge, 2022)

Doch wo steht die Schweizer Hotellerie heute in Sachen Regeneration? Mit Hilfe einer Benchmarking-Analyse konnten wir die Einschätzung des regenerativen Potenzials der Schweizer Hoteliers vervollständigen, indem wir sie mit selbsternannten regenerativen Hotels verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Schweizer Hotels bereits einige regenerative Praktiken eingeführt haben, auch wenn einige von ihnen mit dem noch neuen Konzept nicht vertraut sind. Die befragten Hoteliers haben mehrheitlich gute Fortschritte bei der Reduktion der CO2-Emissionen gemacht, insbesondere durch die Senkung des Energieverbrauchs, den Einsatz erneuerbarer Energien und die Optimierung der internen Systeme. Trotz ihres starken Zugehörigkeitsgefühls könnten sie sich noch stärker in das lokale Ökosystem integrieren und einen positiven Einfluss auf das soziale und wirtschaftliche Wohlergehen der Bevölkerung ausüben. Die Einstellung der Schweizer Hotels scheint sich in die richtige Richtung zu bewegen, aber sie sollten sich wirklich bemühen, eine Kraft für das Gute zu werden und einen positiven Nettoeffekt auf ihr gesamtes Ökosystem zu haben.

 

Illustration aus dem Kurs "Regenerative Hospitality and Tourism", Sarah Balet, Hes-So Valais Wallis

 

Herausforderungen und Bedürfnisse

Doch vor welchen Herausforderungen stehen Hoteliers, die einen Schritt weiter gehen und mehr tun wollen? Und was brauchen sie dazu? Der Punkt, der in Gesprächen mit Hoteliers am häufigsten genannt wird, ist der Mangel an Ressourcen: finanzielle, personelle und Wissensressourcen. An zweiter Stelle folgen die Unterstützung durch die Regierung und die Komplexität des Sektors, die die Hoteliers bei der Umstellung zu behindern scheinen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wünschen sich die Hoteliers mehr Information, Transparenz, Begleitung und Beratung durch Experten sowie zusätzliche finanzielle Unterstützung.

 

Empfehlungen

Die Studie formuliert Empfehlungen an die Tourismuswirtschaft und die Behörden zur Unterstützung der Hotellerie. Die erste Empfehlung bezieht sich auf die Stärkung der finanziellen Unterstützung, da diese das grösste Hindernis für die Umsetzung neuer Massnahmen zu sein scheint. Die zweite Empfehlung bezieht sich auf die Integration der Regeneration in die bestehenden Nachhaltigkeitsstrategien, da Nachhaltigkeit seit Jahren auf die gleiche Weise angegangen wird und dies nicht mehr ausreicht. Die dritte Empfehlung bezieht sich auf die Einführung von Bildungskampagnen mit dem Ziel, das Bewusstsein bereits in jungen Jahren zu schärfen, um die Menschen von Anfang an zu guten Praktiken zu ermutigen.

Eine Reihe von Empfehlungen richtet sich auch direkt an Schweizer Hotels, wie z.B. die Integration lokaler Ökosysteme, die Priorität der menschlichen Intelligenz und die transparente Kommunikation von Aktivitäten im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit/Regeneration. Schliesslich werden die Hotels zur Zusammenarbeit und Co-Kreation ermutigt - Schlüsselelemente für die erfolgreiche Einführung einer regenerativen Denkweise in der Schweizer Hotellerie.

 

Der Schlüssel zu einer besseren Zukunft

Schliesslich gibt es noch eine weitere grosse Herausforderung, die, wenn sie bewältigt wird, ein enormes Potenzial für Veränderungen bietet: der Einfluss des Einzelnen. Wie bereits erwähnt, ist der Mangel an Informationen und Werkzeugen ein Hindernis für Hoteliers, aber auch für Gäste, die eine wichtige Rolle beim Übergang zu einer regenerierten und regenerativen Welt spielen. Einer der wichtigsten Schlüssel zur Regeneration sind Co-Kreation und Partnerschaften, da man alleine keine grossen Dinge erreichen kann; es bedarf gemeinsamer Anstrengungen. Deshalb kommt es auf das Handeln und die Gewohnheiten jedes Einzelnen an.

Schweizer Hotels beherbergen täglich Gäste aus dem ganzen Land und der ganzen Welt und verfügen über ein ungenutztes Potenzial, um Nachhaltigkeit und Regeneration zu beeinflussen. Durch Veränderungen im Hotelbetrieb und in der Hotelpraxis sowie durch das Angebot verschiedener Aktivitäten, die zum Wohlbefinden der Gäste, der Natur und der lokalen Bevölkerung beitragen, können Hoteliers mit gutem Beispiel vorangehen und die Gäste informieren und sensibilisieren.

Die Bachelorarbeit von Carmen Rosat steht hier zum Download bereit.

 

Carmen Rosat ist eine der drei Gewinnerinnen des Nachhaltigkeitspreises 2023 in Wirtschaft und Dienstleistungen, dessen Ziel es ist, die Studierenden des Fachbereichs auszuzeichnen, die die besten Abschlussarbeiten 2023 verfasst haben, die zur Erreichung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung beitragen.