Das Dolomitenmodell im Radtourismus

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Konferenzbericht

Die Dolomiten waren Ehrengast des Internationalen Forums Cyclisme Alpin Anfang August in Crans-Montana, das am Rand der Tour des Stations stattfand. Ein inspirierendes Zeugnis für das Wallis, das seine Attraktivität für Radsportler stärken will.

 

Bike-Entwicklung in den Dolomiten: Eine Erfolgsgeschichte  

Die Region Alta Badia, die sich zwischen steilen Klippen und grossen Hochebenen erstreckt, ist ein ideales Gebiet für Strassenradfahrer und Mountainbiker. Auch wenn die geografischen Besonderheiten faszinierend sind, hat dies nicht zwangsläufig zu einer radtouristischen Kultur geführt. Der Ruf der Dolomiten als Radsportziel entstand um das Grossereignis «Maratona dles Dolomites».

Roberto Huber, Direktor von Alta Badia und Mitglied des Organisationskomitees der Maratona dlesDolomites, blickt auf die Kriterien zurück, die zum Erfolg der Veranstaltung beigetragen haben und welche die Akzeptanz des Fahrrads in der Region ermöglicht haben.

 

  • Le Maratona dles Dolomites

Die erste Ausgabe der Maratona dles Dolomites begann 1987 mit nur 166 Fahrern. Im Jahr 2019 standen 9.000 Fahrer an der Startlinie. Fast 70 % von ihnen forderten sich gegenseitig auf der schwierigsten Strecke heraus, mit einer Länge von 138 Kilometern und einem Höhenunterschied von  4'230 Metern.

In dreissig Jahren hat sich diese Veranstaltung als unverzichtbare Radsportveranstaltung für die internationale Radsportgemeinde etabliert! Tatsächlich sind 50 % der Teilnehmer Ausländer mit annähernd 72 verschiedenen Nationalitäten.

Die Veranstaltung verfügt über ein Budget von einer Million Euro, wovon etwas mehr als die Hälfte (55 %) aus Anmeldungen kommt und der Rest (45 %) von Partnern stammt. Maratona dles Dolomites bringt der Region rund 6,7 Millionen Euro direkte Einnahmen.

 

 Maratona Dles Dolomites

©Maratona dles Dolomites Committee

 

  • Eine Veranstaltung mit einem soliden Fundament

Der Erfolg der Veranstaltung ist überwältigend. Das Organisationskomitee hatte in diesem Jahr mit einer Rekordzahl von 31.600 Bewerbungen zu kämpfen.

In diesem Zusammenhang ist die Versuchung gross, die Aufnahmekapazität weiter zu erhöhen. Aber das Unternehmen sagt, dass es dem Druck der Nachfrage nicht nachgeben und weiterhin ein qualitativ hochwertiges Erlebnis garantieren will.

Laut Roberto Huber ist es die Qualität der Erfahrung, die über den Erfolg einer Veranstaltung entscheidet. Die Einhaltung einer kritischen Grösse ist unerlässlich, um die Geselligkeit zu bewahren und die lokale Kultur zu verbessern. Die Veranstaltung bleibt ihren Prinzipien der Wertschätzung von Menschen und Umwelt treu. Um sein Geld dorthin zu bringen, wo es wirklich benötigt wird, begrenzt das Organisationskomitee nicht nur die Auswirkungen der Veranstaltung auf die Umwelt durch Öko-Bewusstsein, sondern spendet auch einen Teil der Gewinne an eine Wohltätigkeitsorganisation in Uganda.

 

Cittaion De 1 

 

  • Ein Ereignis, dessen Gemeinschaft verbindet

Die Veranstaltung kann auf die Unterstützung ihrer 1.520 Freiwilligen zählen. Während viele Veranstaltungen derzeit damit kämpfen, Freiwillige zu rekrutieren, hat Maratona dles Dolomites eine Warteliste von Freiwilligen. Für Alessia Sorà, Leiterin der digitalen Kommunikation von Alta Badia, sind diese Menschen entscheidend für einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung. Der Erfolg einer solchen Mobilisierung hängt in einem hohen Mass von einer ausgezeichneten Kommunikation und Unterstützung der Freiwilligen ab, d. h. vor, während und nach der Veranstaltung.

 

Von der Sportveranstaltung zur Fahrrad-Destination

Die Schaffung eines legendär gewordenen Ereignisses hat den Weg für die Akzeptanz des Radsports in der Region geebnet. Aber die radsportfreundliche Positionierung eines Reiseziels beschränkt sich nicht nur auf Sportveranstaltungen. Das strategische Gesamtdenken von Alta Badia basiert auf drei Komponenten:

1)      Der Organisation von Veranstaltungen für die breite Öffentlichkeit

2)      Der Schaffung von Infrastruktur und Einrichtungen

3)      Der Mobilisierung von Partnern

 

Man hat mehrere Ressourcen speziell für die Förderung des Zusammenlebens zwischen Radfahrer und Auto bereitgestellt. Es wurden Kommunikationskampagnen mit Autofahrern und eine grosse Sensibilisierungskampagne mit Tourismuspartnern durchgeführt. Heute sind die Partner zu konkreten Botschaftern für das Zusammenleben von Fahrrad und Auto geworden. Sie selbst machen ihren Kunden den Respekt bewusst, den jeder sich gegenseitig zeigen muss, um die gleichen Wege benützen zu können.

Diese Strategie beinhaltete auch spezifische und kostspielige Anpassungen, um die Sicherheit der Radfahrer zu gewährleisten. Zwischen den Dörfern und dem Beginn der Pässe wurden Radwege angelegt. Darüber hinaus wird derzeit die Verbreiterung einiger Bergstrassen geprüft.

Heute laufen Gespräche mit den Behörden über die Sperrung von Strassen für den Verkehr an bestimmten Tagen im Sommer, ausserhalb der Veranstaltungen. 

 «Die Akzeptanz des Fahrrads ist möglich, aber es braucht Zeit», warnt Roberto Huber.

Citation De

 

Diskussionsrunde: Wird das Wallis in Zukunft ein unverzichtbares Fahrradziel?

Mit einem immer umfangreicheren Repertoire (z. B. Grand Raid, Verbier E-Bike Festival, Mountainbike-Weltmeisterschaften, Tour des Stations, Tour de Suisse, Tour de Romandie, Radweltmeisterschaften 2020) setzt sich das Wallis auf der Liste der renommierten Radsportveranstaltungen durch.

Der Kanton Wallis muss sich vor seinem italienischen Nachbarn nicht schämen. Für die Teilnehmer der Diskussionsrunde sind die topographischen Merkmale der Rhône-Ebene, der mit Reben bewachsenen Hänge und der Berge von Vorteil, um ein breites Spektrum an Radsportlern anzulocken.

Nancy Pellissier, Experiences Manager – Valais Wallis Promotion

Vincent Pellissier, Dienststelle für Mobilität – Kanton Wallis

Alain Rumpf, Content Creator und Spezialist für Fahrradtourismus

Jean-Daniel Clivaz, Präsident von Crans-Montana Tourismus & Kongress und Hotel Manager

Blaise Larpin, Professor HES-SO Valais Wallis - Fachhochschule für Management & Tourismus

 

Die Sichtbarkeit des Wallis als Fahrrad-Destination nimmt zu. Um die internationale Reputation des Wallis bei Veranstaltungen zu erhöhen, werden Initiativen vorgeschlagen, wie z. B. Partnerschaften mit anderen Gemeinden zwischen Alpe d'Huez (FR) und Bormio (IT).

Alain Rumpf beschreibt Radfahrerfahrungen als „Odyssee“.  Seiner Meinung nach ist es notwendig, symbolische Wege zu finden. Der Furkapass und der Col du Sanetsch haben viel Potenzial. Letzterer bietet ein unglaubliches Erlebnis von den Weinbergen bis hinauf zum Gletscher. Andere weniger frequentierte Routen verdienen es auch, besser bekannt gemacht zu werden, wie beispielsweise der Col de la Croix de Coeur.

Vincent Pellissier wies darauf hin, dass das Radfahren ein integraler Bestandteil der Mobilität ist und dass die Regierung des Kantons Wallis als solche die notwendigen Schritte unternimmt, um seine Entwicklung zu fördern. Als Vertreter des Kantons Wallis wies Vincent Pellisier im Zusammenhang mit dem Zustand gewisser Nebenstrassen den Vorwurf zurück, dass bei der Instandsetzung die stark befahrenen Hauptstraßen Vorrang hätten. 

Während die Entwicklung des Angebots sichtbar ist, gibt es laut Blaise Larpin aus Sicht der Dienstleistungen noch einige Lücken zu schließen. Das Wallis muss den Radfahrern mehr Dienstleistungen anbieten, wie z. B. den Gepäcktransport.

Nancy Pellissier freut sich darüber, dass es im Wallis 70 Bikehotels gibt. „Heute ist jedes dritte in der Schweiz verkaufte Fahrrad ein E-Bike“. Der Trend verlangsamt sich nicht und die Fahrradkunden werden weiter zunehmen. Wallis Promotion ist mit der bisherigen Arbeit zufrieden, stellt aber fest, dass das Bewusstsein der Partner notwendiger denn je ist.