Starker Franken kommt den Tourismus teuer zu stehen

SportDHiver

Synthese vom 12. Januar bis 23. Januar 2015

Skifahren ist teuer... auch für die Versicherer

Im Bergsport sind Unfälle keine Seltenheit. Etwas überraschend mag sein, dass nicht Bergsteigen am gefährlichsten ist. Nur 20% der Unfälle betreffen Bergsteiger und diese liegen somit erst an 5. Stelle, weit hinter den Leichtflugzeugpiloten, deren Sport am risikoreichsten ist. Und Alpinskifahrer? Da immer mehr Menschen über die Pisten flitzen, nimmt das Risiko von Zusammenstössen zu. Die Versicherer sehen das ungern, denn die entsprechenden Kosten belaufen sich für 66'000 Unfälle auf rund CHF 500 Mio. im Jahr. So gesehen hat der Schneemangel in weniger hoch gelegenen Skiorten womöglich einen positiven Aspekt: Er könnte zusammen mit der Diversifikation der Wintersportaktivitäten, die er begünstigt, die Gäste von weniger risikoreichen Sportarten überzeugen, womit die Zahl der Skiunfälle wieder sinken dürfte.

Sturm der Entrüstung fegt über die Schweiz

Zwar ist Sicherheit für sportliche Aktivitäten in den Bergen ein wichtiges Anliegen, doch gegenwärtig plagen ganz andere Sorgen die Tourismusanbieter in den Alpen. Vom Schneemangel war bereits die Rede; das andere akute Problem ist der Wechselkurs. Seit kurzem steht er wieder im Brennpunkt, hat doch die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Verteidigung des Euro-Mindestkurses ganz überraschend aufgegeben. Auf den Kurssturz der russischen Währung im Dezember 2014 folgte somit Mitte Januar 2015 ein dramatischer Anstieg des Schweizer Frankens zum Euro. Er treibt den Unternehmern in unserem Land den kalten Schweiss auf die Stirn, nicht nur im Tourismus sondern auch bei allen exportorientierten Firmen in der Schweiz. Der Euro-Mindestkurs war 2011 eingeführt worden, nämlich auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise im Euro-Land, um zu verhindern, dass der Schweizer Franken im Vergleich zum Euro allzu teuer wird. Als Währungshüterin tolerierte die SNB fortan einen Euro-Franken-Wechselkurs von CHF 1,20, aber nicht weniger. Sonst intervenierte sie. Am 15. Januar 2015 beschloss nun die SNB völlig überraschend, die Verteidigung des Mindestkurses aufzugeben. Der Euro fiel in den Keller, nämlich auf einen historischen Tiefstwert von CHF 0,7813, was umgekehrt bedeutet, dass der Schweizer Franken zum Euro in die Höhe schoss. Seit der Einführung der europäischen Einheitswährung 1999 war die Euro-Franken-Parität (1 Euro = 1 CHF) noch nie unterschritten worden. Das heisst in der ganzen Geschichte war der Schweizer Franken noch nie teurer als der Euro. Mit der Aufgabe des Euro-Mindestkurses wurden Schweizer Exportprodukte für die Eurozone schlagartig um 20% teurer – für die Exportindustrie unseres Landes ein Riesenproblem. In einem Interview mit der französischsprachigen Tageszeitung Le Temps unterstrich Christophe Juen, Direktor von „Hotelleriesuisse“, dass „der Tourismus der viertwichtigste Exportzweig des Landes“ ist. Christoph Juen sowie zahlreiche andere Branchenvertreter verstehen den brüsken und starken Anstieg der Schweizer Währung als einen empfindlichen Schlag mit schlimmen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit im Schweizer Tourismus. Der Präsident der Walliser Regierung, Jean-Michel Cina, fand ebenfalls deutliche Worte und sagte, die Entscheidung der SNB habe ihn konsterniert und verärgert. Tatsächlich hatte in der zweiten Jahreshälfte 2014 ein erstarkter Dollar etwas Zuversicht ausgelöst: Wenigstens die Amerikaner würden wieder vermehrt in der Schweiz Ferien machen. Nun ist auch diese Hoffnung dahin, denn die Aufgabe des Euro-Mindestkurses durch die SNB zog auch den Wert des US-Dollar nach unten.

Forschung und Lehre – Retter für Tourismus in der Not?

Es wäre verfrüht, die mittel- und langfristigen Auswirkungen der SNB-Entscheidung einschätzen zu wollen. Zuerst einmal muss sich der Eurokurs wieder einigermassen stabilisieren. Weder Schweiz Tourismus noch Peter Bodenmann – früherer Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz – sind jedoch um gute Ratschläge verlegen, wie man dem Problem des zu starken Frankens begegnen könnte: Marketingmassnahmen ausbauen, sich vermehrt auf den Heimmarkt sowie auf andere Märkte mit weniger sensibler Währung ausrichten, das Potenzial der Stammkundschaft ausschöpfen, innovative bzw. unverwechselbare Produkte entwickeln, Kosten reduzieren undDienstleistungsqualität verbessern. Die Vorschläge sind nicht unbedingt neu, dennoch kommen diesen Ansätzen angesichts des Franken-Schocks neue Bedeutung zu. Vor allem der Verbesserung der Dienstleistungsqualität, die ein ganz wichtiger Pfeiler der Gastfreundschaft ist. Was die Schweizer Freundlichkeit gegenüber Gästen betrifft, so hat Andreas Steibl, Tourismus-Verantwortlicher für das Skigebiet Paznaun-Ischgl in Tirol (Österreich), kürzlich giftige Pfeile abgesetzt. Wie dem auch sein, den gegenwärtigen Unruhen an der Währungsfront kommt das Verdienst zu, erneut zu unterstreichen, wie wichtig die Ausbildung von Angestellten und Unternehmern für den Tourismus ist, wenn man dieser Branche eine Zukunft geben will. Der gleichen Meinung ist übrigens auch Damian Constantin von Valais/Wallis Promotion. Es gilt, die praktischen und akademischen Bildungsstrukturen für Berufsanwärter im Tourismus auszubauen, dies im Rahmen eines Programms, das die Aufwertung der betroffenen Berufe und Stellenprofile beinhaltet. Mehr Professuren, mehr Geld für Forschungsprojekte und eine Intensivierung von öffentlich-privaten Partnerschaften – in Österreich setzen sich zahlreiche Fachhochschulen genau dafür ein. So haben sie sich zum Beispiel mit „Travel Industry Club Austria“, „Statistik Austria“ und anderen Organisationen zusammengeschlossen, um eine Forschungsplattform für innovative Tourismusprodukte zu betreiben. Dabei wird der ganze Entwicklungsprozess abgedeckt, von der Ausarbeitung des Prototyps bis hin zur Kommerzialisierung des fertigen Produkts. Wann kommt das bei uns?

Tittelbild: "Fünffranken" by www.swissmint.ch. Licensed under Public Domain via Wikimedia Commons.