Les „Nids d’Hérens“: hoch in den Lärchenbäumen

Hotellerie Valais Innovation

Die Gemeinde von Mont-Noble verfolgt weiterhin einen „sanften und hochwertigen Tourismus“

Thomas Villetard hält fest: „Ob es sich um Überzeugung oder um einen einfachen Wunsch auszuweichen handelt, der Anreiz für ungewöhnliche Unterkünfte entspricht einer aktuellen Erwartung, weil es sich dabei um eine echte Alternative zum traditionellen Massentourismus handelt, der Umwelt und Kulturerbe häufig nicht beachtet bzw. respektiert. (1)

In Frankreich, Kanada, Skandinavien oder auch in Deutschland, wenn die Tourismusindustrie von Camping spricht, dann bezieht sie sich grundsätzlich auf Unterkünfte in freier Natur. Man denkt dabei aber in einem weit grösseren Rahmen, als an ein einfaches Nylonzelt oder an ein Wohnmobil. Diese Art der Unterkunft befindet sich in vollem Aufschwung und es gibt mittlerweile unzählige Orte, die Hütten in den Bäumen, auf dem Wasser, Häuser im Stil von „Hobbit“ oder in Pilzform, Planwagen, Nomadenbehausungen wie Jurten oder Tipis als Unterkunft anbieten. (2)

Derzeit sind Baumhütten in der Schweiz noch eher selten und es gibt im Wallis derzeit noch keine. Am Ufer des Murtensees bietet die „Pinte du Vieux Manoir“ ein Unterkunft an, die auf Pfählen gebaut ist, den „Diamant de verre“  Die Betreiber versuchen hier eine Kundschaft anzusprechen, die sich an mit Sternen hoch dekorierte und gehobene Unterkünfte gewöhnt ist und versuchen den individualisierten Service eines Erstklasshotels mit der Originalität des vorgeschlagenen Experimentes zu verbinden. In den jurassischen Bergen bei Le Locle, werden „Baumhütten“ bereits mit grossen Erfolg angeboten. Um von dem Privileg profitieren zu können, eine Nacht ganz in der Nähe der Sterne verbringen zu können, muss man bereits einen Monat im Voraus reservieren.

Les Nids d’Hérens: mitten in den Walliser Wald eintauchen

Bertrand Bitz, Initiator und Planer des Projekt „Les Nids d’Herens“, hatte schon vor 9 Jahren die Idee mit den Baumhütten. Dies war zur Zeit des Projekts für einen Regionalen Naturparkt und ein Biosphärenreservat im Val d‘Hérens, das eine gewisse Bevölkerungsschicht, vor allem Junge, damals träumen liess. Das Projekt wurde dann im Jahr 2011 aber definitiv beerdigt. Heute ist der Kindheitstraum von Bertrand Bitz kurz davor realisiert zu werden. Die juristischen Probleme (s. unten) scheinen gelöst und die drei ersten Hütten am Eingang des pittoresken Val d‘Hérens, in einem Wald am Rande des Dorfes Nax auf dem Gemeindegebiet von Mont-Noble, sollten im kommenden Sommer Realität sein.

Für Bertrand Bitz hat das Projekt «das übergeordnete Ziel den Gästen ein vollständiges Eintauchen in die freie Natur zu ermöglichen. Genau darum müssen sich die „Nids d’Hérens“ in einer Waldzone befinden, denn dies gehöre zur eigentlichen Substanz der Idee“. (3) Das Konzept lädt die Öffentlichkeit/den Besucher ein, sich auf sich selbst zu besinnen, um sich ganz mit der Natur, die ihn umgibt, zu verbinden. Bertrand Bitz vertraut ganz auf den Erfolg seines Unternehmens. Tatsächlich hat sich aufgrund einer kleinen Umfrage, die in der Westschweiz durchgeführt wurde, gezeigt, dass 8 von 10 Personen gesagt haben, falls sie eine Nacht in den Bäumen verbringen müssten, würden sie das Wallis zum Erleben dieses Experimentes auswählen.

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Aus technischer Sicht wird ein mehrstämmiger Einbau der Hütten bevorzugt: das Gewicht der Hütten verteilt sich so auf mehrere Lärchenstämme, die eigentlichen Säulen der Struktur. Die komfortablen Häuschen, die sich rund 3 bis 6 Meter über dem Boden in den Baum eingebaut sind, verfügen über Wasser, Bett, Toilette, Kitchenette, Holzschnitzel-Ofen, eine kleine Aussenterrasse mit einem Metallgeländer, das mit Gummi belegt ist, damit die Befestigung der Hütte nicht den Baum verletzt. Es werden weder Schrauben noch Nägel in den Baum getrieben. Das Zielpublikum? Paare und Familien, die ganz bestimmt zu anspruchsvollen Naturliebhabern zu zählen sind. 

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Und um die ganze Idee noch zu vertiefen und um daraus ein unvergessliches Experiment zu machen, wird jeden Morgen den Gästen am Fusse des Baums ein Korb mit regionalen Produkten serviert, den sie mit einem Flaschenzug in ihre Unterkunft hochziehen können, erklärt Bertrand Bitz. Dieses Angebot wird ergänzt mit verschiedenen regionalen Aktivitäten im Val d’Hérens, seien sie sportlich, „du terroir“ oder umweltbezogen.

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Eine Baumhütte konstruieren: juristisch eine Herausforderung

In der Schweiz erfreut sich der Wald seit jeher eines sehr restriktiven Schutzstatus. Das Bundesgesetz über den Wald (WaG) stammt tatsächlich aus dem Jahre 1876 und hat zum Ziel die Bergbevölkerung gegen die Naturgefahren zu beschützen. Noch heute gibt die Eidgenossenschaft den Schutzwäldern Priorität. 36% des Schweizer Waldbestandes gelten als Schutzwälder: in gewissen Alpenkantonen sind sogar mehr als die Hälfte als Schutzwälder registriert. (4)

Seit einigen Jahrzehnten sind dem Schweizer Wald zusätzliche Funktionen zugeordnet geworden, wie z.B. dem Schutz der Biodiversität, die Rolle als Kohlequelle um den Treibhauseffekt zu vermindern, oder als Vergnügungs- und Erholungsraum für gestresste Städter wie wir es häufig sind. Eine Baumhütte zu konstruieren ist im schweizerisch juristischen Kontext grundsätzlich eine „mission impossible“ wegen der einfachen Tatsache, dass der Wald nicht als Bauzone vorgesehen ist. Dura lex sed lex (das Gesetz ist hart, aber es ist das Gesetz)! Bernard Bruttin, Präsident der Gemeinde Mont-Noble, wollte dieser juristischen Herausforderung gerne entgegentreten. Seine Strategie? „Die Kontrolle über das Land anstreben“.

Zuerst mussten die 5000 Quadratmeter, die für die Hütten vorgesehen sind, in eine Bauzone umgewandelt werden. Dieses Vorgehen wurde durch die Tatsache erleichtert, dass die Hütten in einem Wald gebaut werden sollen, der sich unmittelbar an der Peripherie des Dorfes Nax befindet. Das Gebiet kann also problemlos an die Kanalisation des Dorfes und an andere Infrastrukturen angeschlossen werden, so dass eine komfortable Ausstattung der Hütten möglich ist. Diese „Auszonung“ einer Waldzone in eine Bauzone ist in einem gewissen Sinn wie eine ganz logische Erweiterung der Bauzone des Dorfes zu verstehen.

Trotzdem musste die Gemeinde aufgrund der Vorgaben des Schweizerischen Gesetzes für Raumplanung, das eine rigorose Beschränkung der Bauzonen vorsieht, eine Nutzungsänderung von bestehendem Bauland auf Gemeindegebiet vornehmen. 5000 Quadratmeter Bauland wurden darum in eine nicht bebaubare Zone umgewandelt, um so mit der neu geschaffenen Bauzone im Wald von Nax kompensiert zu werden. Durch die Massnahme sind keine Privatbesitzer betroffen, da sich das ausgezonte Gebiet im Gemeinbesitz befindet, d.h. im Besitz der Burgergemeinde (die Burger sind sehr alte Institutionen, deren Ursprung man bereits im mittelalterlichen Recht findet). Es ist schlussendlich die lokale öffentliche Hand, die das Land dem Privatinvestor zur Verfügung stellt und so eine Umsetzung des Projektes ermöglicht.

Ein sanfter Tourismus, der sich mit Dynamik vereint und gehobene Qualität anstrebt

Mit diesem Projekt der «cabanes perchés» positioniert sich die Gemeinde Mont-Nobel in einem „sanften und qualitativ hochstehenden“ Tourismus, zwei Eigenschaften, die nicht widersprüchlich sind, präzisiert Bernard Bruttin. Tatsächlich wurde bislang der „sanfte Tourismus“ oder „Naturtourismus“ im Wallis mit einem „mangelndem Stolz bzw. mit mangelnden Ambitionen“ assoziiert, der schlussendlich nur wenig Mehrwert generierte. Der Gemeindepräsident teilt diese Ansicht überhaupt nicht.

Die Gemeinde Mont-Noble z.B strebt eine Positionierung „Natur“ und „qualitativ hochstehend“ an. Dieser Ort profitiert auf diese Weise von einem neuen Impuls, der durch eine ungewöhnliche Unterkunft im Dorf gegeben wird, ein Hotel, das ganz aus „Strohballen“ gebaut wurde (5). Es handelt sich dabei um ein ökologisches Luxushotel, das zum Botschafter für eine ganze Region geworden ist.

Heute verfügt diese kleine Berggemeinde über zahlreiche Trümpfe. Mit einer Bevölkerung, die sich erneuert hat, bietet sie eine Infrastruktur an, die sich ganz auf der Höhe ihrer Ambitionen befindet, mit modernisierten Seilbahnen sowie einem Freizeitgelände, das Sommer/Herbst Aktivitäten anbietet (Swingolf, Bogenschiessen…) und im Winter (Schlitteln, Snow-Tubing, Anfänger Skipisten für Kinder, Ski Jöring….) Ein Zentrum zur Förderung der regionalen Produkte des Val d’Hérens, wo sich die Gäste verpflegen und Produkte aus dem Gebiet kaufen können, vervollständigt diese attraktive Freizeitinfrastruktur, eingebettet in eine grandiose Umgebung: mit einem uneingeschränkten Blick auf die Berner Alpen.

Die Gemeinde von Mont-Noble bietet heute mit ihrem kulturellen Erbe, auf ihrem Herkunftsgebiet, mit ihren pittoresken Dörfern, ihren Berglandschaften und ihrer bewahrten Natur, Konzepte, die definitiv an die besten Jahre der grossen Skistationen erinnern. Für Bernard Bruttin gibt es keine Zweifel: eine anspruchsvolle Kundschaft auf der Suche nach dem „Lokalen“, der „Authentizität“ und der „erhaltenen Natur“ ist bereit in die Tasche zu greifen, um ihre „Rückkehr zur Natur“ mit Komfort und Aussergewöhnlichem zu erleben.

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Referenzen:

(1)   Thomas Villetard (2014). Tourisme insolite, plus qu'un effet de mode, une réelle tendance. http://www.cabanes-de-france.com/actualite-insolite/635-tourisme-insolite-plus-qu-un-effet-de-mode-une-reelle-tendance.html#.Vd2IKfntlBe

(2)    Observatoire valaisan du tourisme (2014). Le camping de luxe : un retour à la nature mais dans le confort, in « Hébergement pour tous les goûts », 23-28 /media/12023/hebergement-%C3%A0-t%C3%A9l%C3%A9charger.pdf

(3)   Laurent Savary (2015). Des cabanes au milieu de la forêt, Le Nouvelliste, 18 juin http://www.lenouvelliste.ch/fr/valais/valais-central/des-cabanes-au-milieu-de-la-foret-497-1474991

(4)   Office fédéral de l’environnement (OFEV) (2010). La forêt suisse est gérée de façon intensive et durable. Communiqué de presse du 16 mars http://www.bafu.admin.ch/dokumentation/medieninformation/00962/index.html?lang=fr&msg-id=32257

(5)   Observatoire valaisan du tourisme (2015). Succès d’une campagne de crowd funding au Maya Boutique Hotel à Nax /fr/actualites-et-articles/articles/id-3012-succes-d_une-campagne-de-crowdfunding-au-maya-boutique-hotel-a-nax/